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Pumpenfiepen-Silentmod: Die wohl leiseste Radeon R9 Fury X der Welt

An dieser Stelle schon einmal erwähnt und auch außerhalb des 3DCenters beachtet wurde die Arbeit des Foren-Mods "andill" an seiner Radeon Fury X in Erforschung der Herkunft des Pumpenfiepens der Karte und einer möglichen Beseitigung durch Hardware-Modifikationen an deren Kühlkonstruktion. Jenes Vorhaben hat nun einen gewissen Abschluß gefunden, in Folge dessen das Pumpenfiepen in einem geschlossenen und unter dem Tisch stehenden Gehäuse nicht mehr wahrnehmbar ist – und auch meßtechnisch als klar niedriger quantifiziert werden konnte: Mit Gehäuse lag der Meßwert beim auf ~2 kHz liegenden Pumpenfiepen-Geräusch bei -49 dB im Auslieferungszustand – nach den Umbaumaßnahmen waren es noch -62 dB an dieser Meßstelle, eine Geräusch-Verringerung um mehr als die Hälfte (bei dB-Werten gilt, daß 10 dB mehr einer Verdopplung der "empfundenen Lautheit" entsprechen). Auch der Rest der Geräuschbelastungs-Kurve sieht deutlich besser aus – immer eingedenk, daß es sich um dieselbe Karte mit derselben Kühlkonstruktion handelt, welche nur in ihrem Zusammenbau modifiziert wurde:

Damit ist die Radeon R9 Fury X endlich dort angelangt, wo sie AMD eigentlich immer hin haben wollte: Wirklich ausgesprochen leise für eine Grafikkarten des Enthusiasten-Segments. Die Karte ist inzwischen derart silent und im Nutzzustand auch frei von wahrnehmbarem Pumpenfiepen, daß "andill" tatsächlich inzwischen "den Lüfter knurren" hört – was vorher in der allgemeinen Geräuschbelastung glatt untergegangen ist. Der Meldungstitel "die wohl leiseste Radeon R9 Fury X der Welt" läßt sich damit sicherlich halten, denn andere derart umfangreiche Modifikationen an dieser Karte sind uns nicht bekannt – und abweichende Kühlkonstruktionen anderer Hersteller sollen hier nicht der Maßstab sein, dies stellt schließlich keine größere Kunst dar. Anbei ein Bild der komplett modifizierten Karte (noch ohne Abdeckung), primär zu sehen ist die Innendämmung zur Abschwächung des Resonanzkörpers sowie der generell fehlende Pumpendeckel:

Leider ist der Aufwand für diese Kartenmodifikation enorm, erfordert einiges bastlerisches Geschick und ist wegen der hohe Risiken auf Beschädigung einzelner, nicht mehr ersetzbarer Bauteile bei dieser 700-Euro-Karte überhaupt nicht zu empfehlen. Der Einsatz von "andill" galt dann auch weniger der Modifikation selber, als dem Problem des Pumpenfiepens bzw. der Geräuschbelastung durch die Radeon R9 Fury X auf die Spur zu kommen. Dabei kristallisierten sich die Hohlräume in der Vergußmasse der Pumpenspule zuerst als großer Problempunkt heraus – jetzt nach eingehenderer Analyse wird klarer, daß hierbei jedoch auch noch andere Punkte bei der Geräuschproduktion der Karte mit hineinspielen, wir zitieren (mit zwei Ergänzungen):

  • Die Vergussmasse ist blasig, das führt zu ungenügend verklebten Spulenwicklungen und zu viel Beweglichkeit der ganzen Einheit.
  • Die Stromzuführungen der Spulen sind gleichzeitig Montagehilfe und extrem steif, das überträgt Körperschall auf die Platine.
  • Die Drahtenden sind zu lang und der IC steht zu hoch, so daß Teile den Deckel berühren können. Bei mir war es der IC, einer der Spulenanschlüsse und einer der Kabelanschlüsse. Wobei die Spule sicher entscheidend ist.
  • Die Platine hängt auf einer Seite in der Luft und kann da fröhlich schwingen.
  • Der Pumpendeckel ist ein prima Resonanzboden für die Pumpengeräusche.
  • Die Gesamtabdeckung ist auch ein prima Resonanzboden.
  • Die Backplate der Karte wirkt als Resonator.
  • Die Pumpenspannung ist zu hoch und regt überhaupt erst zum Spulenfiepen im ungünstigen 2-kHz-Bereich an – mit einer niedrigeren Pumpenspannung kommt die Karte genauso aus und erreicht dadurch eine deutlich geringere Geräuschemission (siehe dazu den anliegenden Nachtrag zur Meldung).

Am Ende gibt es somit kein Generalrezept, was der Kühlerhersteller einfach hätte besser machen sollen – es sind viele kleine Punkte, die nicht ganz passen und insgesamt zu der beobachteten Geräuschentwicklung bei der Radeon R9 Fury X beitragen. Aufgrund der Vielzahl an geräuschübertragenden Baugruppen ist es auch nicht so einfach möglich, eine jetzt schon gekaufte Karte nachträglich noch ruhig zu stellen: Einige der dafür notwendigen Modifikationen (siehe die Empfehlungen von "andill") sind für erfahrene Bastler lösbar, andere angesichts des Risikos auf Totalverlust einfach nicht mit gutem Gewissen zu empfehlen. Führt man aber nicht alle Modifikationen aus, welche auch "andill" eingesetzt hat, kommt man letztlich auch nicht zu seinem exzellenten Ergebnis – oder anders formuliert: Es gibt keinen einfachen Weg, um der Radeon R9 Fury X ihr Pumpenfiepen mittels einer Hardware-Modifikation abzugewöhnen.

Dies könnte letztlich nur AMD veranlassen – und hier muß man erst einmal sehen, was da überhaupt passiert. Bislang ist noch nicht einmal klar, ob die angeblich zweite Pumpenrevision zur Radeon R9 Fury nun wirklich erscheint – oder ob sie nicht vielleicht schon längst am Markt ist, mit dann allerdings eher geringfügigem Fortschritt. AMD hält sich derzeit hierzu weitgehend bedeckt – und so lange die Radeon R9 Fury X nur schlecht lieferbar ist, spielt das ganze auch noch nicht so richtig eine Rolle. Aufgrund der gerade in Deutschland wohl sehr hohen RMA-Quote der Karte ist jedoch irgendeine Lösung vonnöten – und wenn AMD die Grafikkartenhersteller notfalls anweisen würde, nur vorgetestete Exemplare mit möglichst geringem Pumpenfiepen in den deutschen Handel zu schicken (da der Effekt bei jeder Karte individuell stark ist). Doch dies könnte nur eine kurzfristige Lösung sein – nach welcher AMD dann irgendetwas "richtiges" präsentieren müsste. So lange AMD sich hierzu nicht äußert, macht man sich jedoch die Radeon R9 Fury X zumindest in Deutschland kaputt – was die Karte eigentlich nicht verdient hat, das "Qualitäts"-Managment der beteiligten Herstellerfirmen jedoch zweifellos.

Nachtrag vom 15. Juli 2015

Foto und Diagramm wurden noch vor einer weiteren kleineren Maßnahme aufgenommen, welche allerdings erst den wirklich als "silent" zu bezeichnenden Endzustand ergab: Die Wasserpumpe wurde elektrisch noch um ~10% gedrosselt, was das Pumpenfiepen zum einen im Spektrum auf ~1,7 kHz verschiebt und zum anderen nochmals im subjektiven Hörempfinden herunterdreht. "andill" beschreibt in zwei weiteren Forenpostings den Weg zu dieser Erkenntnis bzw. das Verhalten der Wasserpumpe mit weniger Spannung: No.1 und No.2. Hiermit ist dann der letzte Punkt gefunden worden, welcher zur Reduzierung des Pumpenfiepens bei der Radeon R9 Fury X beiträgt – und auch bei diesem Punkt gilt, daß jener für sich allein nicht durchschlagend wirkt, nur alle Punkte zusammen zum (leisen) Gesamtergebnis führen. Man kann klar konstatieren, daß die von AMD eingekaufte Wasserpumpe schlecht ausgesucht und dann auch in der Produktion schlecht ausgeführt war – wenn AMD, was ja nun das propagandierte Ziel war, mit der Radeon R9 Fury X eine wirkliche Silent-Lösung auflegen wollte. Es erscheint zudem kaum möglich, dies im industriellen Maßstab mit dieser vorliegenden Wasserpumpe zu fixen – dafür müsste AMD wohl eine generell andere Wasserpumpe für eine regelrecht zweite Revision der Radeon R9 Fury X einkaufen.