
Im Interview mit Hardware Unboxed @ YouTube (via VideoCardz) hat Sapphires PR-Manager für Nordamerika, Edward Crisler, eine Lanze für mehr Designfreiheit der Grafikkarten-Hersteller gebrochen. Zumindest Sapphire will wieder mehr abweichende Grafikkarten entwickeln, so auch dem Namen würdige "Toxic"-Modelle. Der Hintergrund dessen ist, dass AMD und nVidia den Grafikkarten-Hersteller inzwischen sehr enge Vorgaben zum Aufbau einer Grafikkarte an die Hand geben – und über das Mittel der vom Grafikchip-Entwickler gelieferten (zertifizierten) BIOS-Versionen ein direktes Druckmittel haben, sollten die Vorgaben von AMD & nVidia nicht erfüllt werden. Somit basieren viele Grafikkarten inzwischen auf engen Vorgaben, wie die Grafikchips (maximal) getaktet werden dürfen, welches maximale Powerlimit es geben darf, gibt es oft verwendete Referenzplatinen und fest gelieferten Speicher. Wie der Sapphire-Manager notiert, sind die Grafikkarten-Hersteller somit in der Praxis primär zu Kühlerentwicklern geworden. Hinzu kommt teilweise noch eine andere Platine, aber auch für diese gibt es wohl einige bindende Vorgaben seitens AMD & nVidia.
Sometimes I really wish the chip makers would get out of the way and let us partners just make our cards. Give us the chip. Give us the RAM. Tell us what we have to provide to make it work with the board. And then let us make the cards. Let us have our fun. Let us go nuts. Let there be real differentiation. Sometimes it feels like this market becomes too too much the same.
Quelle: Edward Crisler, Sapphires PR-Manager für Nordamerika, gegenüber Hardware Unboxed @ YouTube am 12. Dezember 2025, niedergeschrieben von VideoCardz
Jene Praxis ist gut, um alle Herstellerprodukte auf ein gewisses Mindestmaß zu bringen, so dass keine Herstellerdesigns nach unten hin abweichen. Allerdings werden damit auch nach oben abweichende Designs deutlich behindert. Der Sapphire-Manager gibt hierzu an, dass die Performance-Differenz zwischen langsamster und schnellster Lösung auf Basis derselben Chip-Version oftmals nur bei +2% liegt – was vielleicht leicht zu niedrig angesetzt ist, aber sinngemäß durchaus stimmt: In den allermeisten Fällen lohnen die werksübertakteten Ausführungen von Grafikkarten heutzutage nicht mehr, weil deren nomineller Mehrtakt durch steigende Verbrauchsineffizienz sowie das gesetzte Powerlimit nicht wirklich gut in Mehrperformance übertragbar ist, +3-4% schon oftmals das beste ist, was man hierzu von den "normalen" Werksübertaktung (außerhalb echter Sonderprodukte) sehen kann. Die geringen erreichbaren Performance-Unterschiede haben dann dazu geführt, dass jener Punkt inzwischen weniger stark beachtet wird und sich die Grafikkarten-Käufer zwischen den einzelnen angebotenen Modellen eher für die Differenzen im Kühlsystem interessieren – und wie gesagt die Grafikkarten-Hersteller damit zu Kühlerentwicklern geworden sind.
Dabei will der Sapphire-Manager sicherlich keine Aufweichung der AMD/nVidia-Vorgaben (wie streng Intel dies handhabt, ist leider unbekannt) nach unten hin – sondern allein nach oben hin, zugunsten also wieder echter werksübertakteter Varianten. Hier liegt dann allerdings der Hund begraben: In dieser Frage dürften AMD & nVidia keine technischen Bedenken haben, jedoch vielmehr produktpolitische. Eine werksübertaktete Variante, welche sich deutlich von der Referenz-Performance abhebt, geht schnell zu nahe der nächsthöheren Grafikkarte, da die Performance-Abstände zwischen den einzelnen Grafikkarten eines Portfolios zumeist nicht besonders groß sind, insbesondere bei nVidia. Selbst bei einem existierenden großen Abstand wie zwischen GeForce RTX 5080 & 5090 würde eine stark hochgezogene GeForce RTX 5080 denkbarerweise Absatz von der GeForce RTX 5090 abziehen, was angesichts des monströsen Preisunterschieds auch wieder gegen die Interessen von nVidia gehen dürfte. Käme dann noch eine Freiheit der Grafikkarten-Hersteller bei der Speicherwahl hinzu (GeForce RTX 5080 mit 3-GByte-Speicherchips = GeForce RTX 5080 24GB), erzeugt der Grafikkarten-Hersteller zwar ein hochinteressantes Produkt, welches dann aber deutlich entgegen der Produktpläne des Grafikchip-Entwicklers steht.
| FHD-Index | Zugewinn | 4K-Index | Zugewinn | |
|---|---|---|---|---|
| GeForce RTX 5090 | 4360% | +27% | 920% | +51% |
| GeForce RTX 5080 | 3420% | +12% | 610% | +17% |
| GeForce RTX 5070 Ti | 3060% | +20% | 520% | +27% |
| GeForce RTX 5070 | 2560% | +29% | 408% | +39% |
| GeForce RTX 5060 Ti 16GB | 1980% | +17% | 293% | |
| GeForce RTX 5060 | 1690% | +28% | ||
| GeForce RTX 5050 | ~1320% | |||
| Performance-Angaben gemäß des 3DC Performance-Index | ||||
In der Summe tangiert die Forderung des Sapphire-Managers zu sehr den Anspruch von AMD & nVidia, die Marktstellung des eigenen Produktportlios fest zu kontrollieren – sprich, alleinig festzulegen, in welche Performance-Regionen und Preisbereiche die eigenen Produkte gehen, zu welchen sie in Konkurrenz stehen und wo eine Konkurrenz (auch Haus-intern) vermieden wird. Ergo werden sich AMD & nVidia in dieser Frage kaum grundsätzlich erweichen lassen, von einzelnen Ausnahmen abgesehen. Es ist somit unwahrscheinlich, dass in dieser Frage größere Freiheiten jemals zurückkommen. Dafür ist inzwischen auch die Stellung der einzelnen Grafikkarten-Hersteller zu schwach – kein Vergleich zu den Anfangszeiten der 3D-Grafikkarten, wo die seinerzeit noch vielen Chipentwickler bei den noch zahlreicheren Grafikkarten-Herstellern mit deren teilweise gewichtigen Markennamen regelrecht hausieren gehen mussten. Inzwischen verfügt speziell nVidia auch über eine derart ausgefeilte und kleinteilige Produktstrategie, dass wirklich starke werksübertaktete Modelle innerhalb dieser einfach nicht mehr zu realisieren sind (ohne jene zu konterkarieren). Sicherlich dürfte der Samsung-Manager dies genauso wissen, sollen die Aussagen dieses Interviews wohl eher nur erklären, wieso die Grafikkarten-Hersteller bei werksübertakteten Modellen zuletzt so zurückhaltend waren.