Launch-Analyse AMD Radeon RX 6500 XT

Montag, 24. Januar 2022
 / von Leonidas
 

Mit der Radeon RX 6500 XT bringt AMD den kleinsten Grafikchip der aktuellen Ampere/RDNA2-Generation auf den Desktop-Markt: Navi 24 mit mickrigen 107mm² Chipfläche. Die darauf basierende Desktop-Grafikkarte kann somit nur ins Einsteiger-Segment gehen, ist keineswegs für Performance-Rekorde gedacht – sondern allein, um möglichst günstig ihre Leistung zu erbringen. Dies könnte in heutiger Zeit mit den nach wie vor übertriebenen Grafikkarten-Straßenpreisen ein durchaus nutzvolles Produkt sein – wenn zwei Punkte stimmen: Die Abspeckungen an Performance & Features dürfen nicht zu drastisch ausfallen, gleichzeitig darf der Preispunkt insbesondere im Einzelhandel das Einsteiger-Niveau nicht verlassen. Ob AMD dies mit der Radeon RX 6500 XT gelungen ist, soll anhand der Auswertung der Launchreviews zur Karte nachfolgend geklärt werden.

Allerdings sind die Vorzeichen für die Radeon RX 6500 XT bekannterweise nicht besonders gut: Mit den Grafik-technischen Abspeckungen des zugrundeliegenden Navi-24-Chips kann man irgendwie zurechtkommen (glatte Halbierung von Navi 23), dies beeinflußt erst einmal nur die erreichbare Performance-Region und kann somit über den Preispunkt wieder ausgeglichen werden. Eher problematisch sind andere, untypische Abspeckungen und Limitationen: So fehlen wichtige Decoding/Encoding-Fähigkeiten und ist der Monitor-Support auf maximal 2 Displays beschränkt. Dies mag für viele Gamer keine große Relevanz haben, aber gerade Einsteiger-Grafikkarten werden auch gern einmal genau wegen dieser Eigenschaften gekauft – als billigstmögliche Lösung mit modernen Decoding/Encoding-Fähigkeiten und/oder zum Betrieb möglichst vieler Monitore.

Im Gaming-Bereich macht sich AMD hingegen keine Freunde mit der Einschränkung auf ein PCI Express 4.0 Interface mit nur 4 Lanes samt nur 4 GB Grafikkartenspeicher. Jenes PCIe-Interface mag ausreichend sein, wenn man die Grafikkarte auf einem modernen PCIe-4.0-System betreiben kann. Dummerweise werden Einsteiger-Lösungen öfters einmal für ältere PC-Systeme verwendet – womit die Radeon RX 6500 XT auf eine Anbindung mit 4 Lanes PCI Express 3.0 zurückfällt, was dann tatsächlich bemerkbar an Performance kostet. Damit wäre es nochmals besser gewesen, die Karte lieber gleich mit 8 GB Grafikkartenspeicher auszustatten – dies wäre die zur heutigen Zeit passendere Speicherbestückung gewesen und hätte zudem jene PCIe-Problematik deutlich entschärft. Die drei erstgenannten Abspeckungen haben wohl mit der ursprünglichen Mobile-Ausrichtung von Navi 24 zu tun, eine höhere Speicherbestückung wäre für AMD trotzdem jederzeit arrangierbar gewesen.

Navi 24 Navi 23 Navi 22 Navi 21
Codename Beige Goby Dimgrey Cavefish Navy Flounder Sienna Cichlid ("Big Navi")
Fertigung 5,4 Mrd. Transistoren auf 107mm² Chipfläche in der 6nm-Fertigung von TSMC (50,5 Mio Tr./mm²) 11,1 Mrd. Transistoren auf 236mm² Chipfläche in der 7nm-Fertigung von TSMC (47,0 Mio Tr./mm²) 17,2 Mrd. Transistoren auf 335mm² Chipfläche in der 7nm-Fertigung von TSMC (51,3 Mio Tr./mm²) 26,8 Mrd. Transistoren auf 519mm² Chipfläche in der 7nm-Fertigung von TSMC (51,6 Mio Tr./mm²)
max. Hardware 1 Raster-Engine, 16 Shader-Cluster, 1024 FP32-Einheiten, 64 TMUs, 16 RA-Einheiten, 32 ROPs, 1 MB Level2-Cache, 16 MB "Infinity Cache", 64 Bit GDDR6-Interface 2 Raster-Engines, 32 Shader-Cluster, 2048 FP32-Einheiten, 128 TMUs, 32 RA-Einheiten, 64 ROPs, 2 MB Level2-Cache, 32 MB "Infinity Cache", 128 Bit GDDR6-Interface 2 Raster-Engines, 40 Shader-Cluster, 2560 FP32-Einheiten, 160 TMUs, 40 RA-Einheiten, 64 ROPs, 3 MB Level2-Cache, 96 MB "Infinity Cache", 192 Bit GDDR6-Interface 4 Raster-Engines, 80 Shader-Cluster, 5120 FP32-Einheiten, 320 TMUs, 80 RA-Einheiten, 128 ROPs, 4 MB Level2-Cache, 128 MB "Infinity Cache", 256 Bit GDDR6-Interface
PCI Express PCIe 4.0 x4 PCIe 4.0 x8 PCIe 4.0 x16 PCIe 4.0 x16
Decode: H.264/4K, H.265
Decode: AV1
Encode: H.264/4K, H.265
max. Displays 2 4 4 4
verbaut bei (Desktop) Radeon RX 6400 (Salvage, rein OEM), Radeon RX 6500 XT (Vollausbau) Radeon RX 6600 (Salvage), Radeon RX 6600 XT (Vollausbau) Radeon RX 6700 XT (Vollausbau) Radeon RX 6800 (Salvage), Radeon RX 6800 XT (Salvage), Radeon RX 6900 XT (Vollausbau)
Block-Diagramm AMD Navi 24 Block-Diagramm (by Locuza)
AMD Navi 24 Block-Diagramm
AMD Navi 23 Block-Diagramm (by Locuza)
AMD Navi 23 Block-Diagramm
AMD Navi 22 Block-Diagramm (by Locuza)
AMD Navi 22 Block-Diagramm
AMD Navi 21 Block-Diagramm (by Locuza)
AMD Navi 21 Block-Diagramm
Hinweis: Chipflächen entsprechen den Angaben von Locuza @ Twitter, nicht AMDs offiziellen Angaben

Auch beim Preispunkt reißt AMD keine Bäume aus: 199 Dollar US-Listenpreis (in Deutschland eine UVP von 209 Euro) für eine 4-GB-Karte im Jahr 2022 sind eigentlich ein Witz, wenn Ende 2019 mittels GeForce GTX 1650 Super und Radeon RX 5500 XT die seinerzeitigen 4-GB-Karten für 159 bzw. 169 Dollar Listenpreis antraten. Angesichts der zwei Jahre Zeitdifferenz sowie des zwischenzeitlichen Generations-Sprungs hat die Radeon RX 6500 XT inzwischen dann auch kein Mainstream-Niveau mehr (wie die vorgenannten Karten anno 2019), sondern tritt inzwischen im Einsteiger-Segment an. Dort sind normalerweise Listenpreise von 100-130 Dollar normal – anders formuliert schickt AMD die Radeon RX 6500 XT schon mit mindestens 50%iger Listenpreis-Übertreibung in den Markt. Schade ist, dass AMD nicht spätestens an dieser Stelle der Gedanke zugunsten einer sinnvollen Speicherbestückung á 8 GB gekommen ist.

GeForce GTX 1650 Super Radeon RX 5500 XT Radeon RX 6500 XT Radeon RX 6600
Chipbasis nVidia TU116 AMD Navi 14 AMD Navi 24 XT AMD Navi 23
Fertigung 6,6 Mrd. Transistoren auf 284mm² Chipfläche in der 12nm-Fertigung von TSMC 6,4 Mrd. Transistoren auf 158mm² Chipfläche in der 7nm-Fertigung von TSMC 5,4 Mrd. Transistoren auf 107mm² Chipfläche in der 6nm-Fertigung von TSMC 11,1 Mrd. Transistoren auf 236mm² Chipfläche in der 7nm-Fertigung von TSMC
Architektur nVidia Turing, DirectX 12 Feature-Level 12_1 (Tier 3) AMD RDNA1, DirectX 12 Feature-Level 12_1 (Tier 3) AMD RDNA2, DirectX 12 Feature-Level 12_2
Features DirectX 12, OpenGL, Vulkan, Asynchonous Compute, DSR, PhysX, G-Sync, FreeSync Compatible DirectX 12, OpenGL, Vulkan, Asynchonous Compute, VSR, FSR, RSR, FreeSync, TrueAudio Next, XConnect DirectX 12, OpenGL, Vulkan, Asynchronous Compute, RayTracing, VSR, FSR, RSR, FreeSync, TrueAudio Next, XConnect, SAM
Hardware 3 Raster-Engines, 20 Shader-Cluster, 1280 Shader-Einheiten, 80 TMUs, 32 ROPs, 1 MB Level2-Cache, 128 Bit GDDR6-Interface (Salvage) 2 Raster-Engines, 22 Shader-Cluster, 1408 Shader-Einheiten, 88 TMUs, 32 ROPs, 1 MB Level2-Cache, 128 Bit GDDR6-Interface (Salvage) 1 Raster-Engine, 16 Shader-Cluster, 1024 FP32-Einheiten, 64 TMUs, 16 RA-Einheiten, 32 ROPs, 1 MB Level2-Cache, 16 MB "Infinity Cache", 64 Bit GDDR6-Interface (Vollausbau) 2 Raster-Engines, 28 Shader-Cluster, 1792 FP32-Einheiten, 112 TMUs, 28 RA-Einheiten, 64 ROPs, 2 MB Level2-Cache, 32 MB "Infinity Cache", 128 Bit GDDR6-Interface (Salvage)
Taktraten 1530/1725 MHz & 12 Gbps 1607/1717 MHz & 14 Gbps 2310/2610/2815 MHz & 18 Gbps 1626/2044/2491 MHz & 14 Gbps
Rohleistungen 4,4 TFlops & 192 GB/sec 4,8 TFlops & 224 GB/sec 5,3 TFlops & 144 GB/sec 7,3 TFlops & 224 GB/sec
Speicherausbau 4 GB GDDR6 4/8 GB GDDR6 4 GB GDDR6 8 GB GDDR6
PCI Express PCIe 3.0 x16 PCIe 4.0 x8 PCIe 4.0 x4 PCIe 4.0 x8
Ref./Herst./OC / / / / / / / /
Layout DualSlot DualSlot Dual/TripleSlot DualSlot
Kartenlänge Herst: 15,0-24,8cm Herst: 17,7-28,1cm Herst: 16,5-28,2cm Herst: 19,3-28,2cm
Stromstecker 1x 6pol. 1x 8pol. 1x 6pol. 1x 8pol.
off. Verbrauch 100W 130W  (ASIC: 120W) 107W  (ASIC: 80W) 132W  (ASIC: 100W)
realer Verbr. 100W 4GB: 126W   8GB: 128W ~100W 131W
Ausgänge DualLink DVI-D, HDMI 2.0b, DisplayPort 1.4 HDMI 2.0b, 3x DisplayPort 1.4 HDMI 2.0b, DisplayPort 1.4 HDMI 2.1, 3x DisplayPort 1.4
FullHD Perf.Index 610% 4GB: 610%   8GB: 660% 590% 1100%
Listenpreis $159  (UVP: 169€) 4GB: $169   8GB: $199 $199  (UVP: 209€) $329  (UVP: 339€)
Straßenpreis ausgelaufen ausgelaufen 300-400 Euro 510-600 Euro
Release 22. November 2019 12. Dezember 2019 19. Januar 2022 13. Oktober 2021

Wegen der geringen Chipfläche und womöglich auch wegen der (im Grafikchip-Bereich erstmals genutzten) 6nm-Fertigung kann AMD die Radeon RX 6500 XT vergleichsweise hoch takten: Bis zu 2610 MHz "Game Clock" und 2815 MHz "Boost Clock" soll die Karte mit Referenz-Taktraten erreichen. Die "Sapphire Pulse" erreicht im Schnitt der Messungen bei TechPowerUp immerhin 2753 MHz, was ziemlich in der Mitte zwischen beiden offiziellen Taktraten-Angaben liegt – und zugleich das mit Abstands höchste Taktraten-Ergebnis einer RDNA2-basierten Grafikkarte darstellt. Gegenüber nVidias Ampere-Karten hat die Radeon RX 6500 XT somit einen Taktraten-Vorteil von +45% (und mehr) inne – kann es sich also allein wegen der höheren Taktraten leisten, mit –30% weniger FP32-Einheiten anzutreten.

Basis Durchschnitt Maximum gemessener Realtakt
AMD-Bezeichnung: "Base Clock" "Game Clock" "Boost Clock"
Radeon RX 6900 XT 1825 MHz 2015 MHz 2250 MHz 2800 MHz CB: 2265 MHz – TPU: 2233 MHz
Radeon RX 6800 XT 1825 MHz 2015 MHz 2250 MHz 2577 MHz CB: 2216 MHz – TPU: 2257 MHz
Radeon RX 6800 1700 MHz 1815 MHz 2105 MHz ? CB: 2177 MHz – TPU: 2205 MHz
Radeon RX 6700 XT 2321 MHz 2424 MHz 2581 MHz 2699 MHz CB: 2531 MHz – TPU: 2491 MHz
Radeon RX 6600 XT 1968 MHz 2359 MHz 2589 MHz ? CB: 2562 MHz
Radeon RX 6600 1626 MHz 2044 MHz 2491 MHz 2704 MHz CB: 2509 MHz – TPU: 2444 MHz
Radeon RX 6500 XT 2310 MHz 2610 MHz 2815 MHz ? TPU: 2753 MHz
nVidia-Bezeichnung: "Base Clock" "Boost Clock"
GeForce RTX 3090 1400 MHz 1700 MHz ? TPU: 1754 MHz
GeForce RTX 3080 Ti 1365 MHz 1665 MHz ? CB: 1784 MHz – TPU: 1780 MHz
GeForce RTX 3080 10GB 1450 MHz 1710 MHz 1995 MHz CB: 1827 MHz – TPU: 1931 MHz
GeForce RTX 3070 Ti 1575 MHz 1770 MHz 1950 MHz CB: 1878 MHz – TPU: 1861 MHz
GeForce RTX 3070 1500 MHz 1725 MHz 2040 MHz CB: 1920 MHz – TPU: 1882 MHz
GeForce RTX 3060 Ti 1410 MHz 1665 MHz 2010 MHz CB: 1900 MHz – TPU: 1877 MHz
GeForce RTX 3060 1320 MHz 1777 MHz ? grob bei 1850-1900 MHz
Realtakt-Angaben gemäß den Ausarbeitungen der ComputerBase (Ø 17 Spiele) und von TechPowerUp (Ø 22-25 Spiele)

Da die Radeon RX 6500 XT ohne Referenz-Design antritt, konnten alle Hardwaretests nur mit Herstellermodellen erfolgen, wobei meistens werksübertaktete Ausführungen im Einsatz waren. Die Informationen zu jenen sind leicht unvollständig, kaum ein Hardware-Tester hat die wichtige Angabe der ASIC-Power geleistet – woran man sehen könnte, welche Karten mit stärkerer Stromzufuhr agieren können und somit eine größere Chance auf höhere Taktraten haben. Wenigstens kommt von der PC Games Hardware die erhellende Information, dass Karten ohne Werksübertaktung mit einer ASIC-Power von 80 Watt operieren sollen, die bei der PCGH getestete "XFX Qick 210" hingegen mit 90 Watt ASIC-Power antritt. Hinzu bestätigte CapFrameX @ Twitter die dort benutzte "PowerColor Fighter" als mit 85 Watt ASIC-Power laufend ("ASIC-Power" meint nur Chip & Speicher, nicht die gesamte Karte).

Taktraten ASIC-Power Kartenlänge
AMD-Referenz 2310/2610/2815 MHz & 18 Gbps 80W -
ASRock RX 6500 XT Challenger ITX 2310/2610/2815 MHz & 18 Gbps vmtl. 80W 17,9cm
ASRock RX 6500 XT Phantom Gaming D OC 2365/2650/2820 MHz & 18 Gbps ? 24,0cm
Asus Dual RX 6500 XT OC 2365/2650/2820 MHz & 18 Gbps ? 20,1cm
Asus TUF RX 6500 XT Gaming OC 2420/2685/2825 MHz & 18 Gbps vmtl. 90W 25,0cm (TripleSlot)
Gigabyte RX 6500 XT Eagle 2310/2610/2815 MHz & 18 Gbps vmtl. 80W 19,2cm
Gigabyte RX 6500 XT Gaming OC 2420/2685/2825 MHz & 18 Gbps vmtl. 90W 28,2cm
MSI RX 6500 XT Mech 2X 2310/2610/2815 MHz & 18 Gbps vmtl. 80W 17,2cm
MSI RX 6500 XT Mech 2X OC 2420/2685/2825 MHz & 18 Gbps ? 17,2cm
PowerColor RX 6500 XT ITX 2310/2610/2815 MHz & 18 Gbps vmtl. 80W 16,5cm
PowerColor Fighter RX 6500 XT OC 2365/2650/2820 MHz & 18 Gbps 85W 19,1cm
Sapphire Pulse RX 6500 XT 2420/2685/2825 MHz & 18 Gbps vmtl. 80W 19,4cm
XFX Speedster Qick 210 RX 6500 XT 2420/2685/2825 MHz & 18 Gbps 90W 23,3cm
Daten primär aus der TechPowerUp GPU Datenbank

Hinzu gab es noch drei Performance-Vergleiche, welche die Abstände der verschiedenen Herstelermodelle erahnen lassen: So lief bei TechPowerUP die "Asus TUF" um +2,7% schneller als die "Sapphire Pulse", während hingegen bei eTeknix die "Gigabyte Gaming OC" um +1,6% schneller als jene "Sapphire Pulse" war. Die Testberichte von Profesional Review bestätigen diese Hackordnung von "Asus TUF" und "Gigabyte Gaming OC" und setzten zusätzlich noch die "XFX Qick210" grob in die Mitte dessen. Eine wirklich solide Festlegung, wo die Referenz-Performance liegen sollte, läßt sich damit aber auch nicht treffen – vor allem, weil unsicher ist, wie weit die "Sapphire Pulse" (trotz nomineller ASIC-Power mit jedoch beachtbarer Werksübertaktung antretend) von jener Referenz-Performance entfernt ist.