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Die Grafikchip- und Grafikkarten-Marktanteile im zweiten Quartal 2021

Die Marktbeobachter von Jon Peddie Research haben nunmehr auch noch ihren zweiten quartalsweisen Report zum Grafikchip-Markt veröffentlicht – welcher zumeist viel weniger Beachtung findet, dafür allerdings die eigentlich interessanteren Zahlen zu den Grafikchips für Desktop-Grafikkarten daherbringt. In diesem Markt, in welchem sich bis Jahresende allein AMD & nVidia tummeln, gab es zuletzt über keine großen Fortschritte oder beachtbare Veränderungen zu berichten: Die Stückzahlen-Marktanteile zwischen AMD und nVidia bewegten sich gegenüber dem Vorquartal nur marginal um 0,3% zugunsten von nVidia, was nach Rundung auf ganze Prozentzahlen denselben Marktanteil ergab. Zugleich ging die ausgelieferte Menge an Grafikchips für Desktop-Grafikkarten gegenüber dem Vorquartal um –2,9% zurück – was auch allen Meldungen der letzten Tage über einen angeblich "anziehenden Grafikkarten-Markt" deutlich den Wind aus den Segeln nimmt.

AiB-Grafikchips Q2/2020 Q3/2020 Q4/2020 Q1/2021 Q2/2021
AMD 22% 23% 17% 20% 20%
nVidia 78% 77% 83% 80% 80%
Auslieferungsmenge ~10,0 Mio. Stück 11,5 Mio. Stück 11,0 Mio. Stück 11,8 Mio. Stück ~11,4 Mio. Stück
Stückzahlen-Vergleich ~2,2 vs ~7,8 Mio. ~2,6 vs ~8,9 Mio. ~1,9 vs ~9,1 Mio. ~2,4 vs ~9,4 Mio. ~2,3 vs ~9,1 Mio.
Endverbraucher-Umsatz ~4,2 Mrd. $ ~5,6 Mrd. $ ~10,6 Mrd. $ ~12,4 Mrd. $ 11,8 Mrd. $
Grafikkarten-Durchschnittspreis ca. $420 ca. $487 ca. $964 ca. $1051 ca. $1035
Marktanteile basierend auf ausgelieferten Stückzahlen, Quelle: Jon Peddie Research

Rein vom Zahlenmaterial her befindet sich der Grafikkarten-Markt in einem vergleichsweise "normalen" Stadium, der kleine Rückgang zum letzten Quartal ist Saison-bedingt üblich und die insgesamte Auslieferungsmenge entspricht einem gutklassigem vor-Krisen-Stand. Verglichen mit "damals" verkauft AMD derzeit allerdings erheblich weniger als üblicherweise (vor-Krise-Niveau ca. 3-3½ Mio. Stück pro Quartal), was derzeit durch nVidia aufgefangen wird, damit aber eben auch eine insgesamt beachtbar höhere Auslieferungsmenge verhindert. Gleichzeitig befindet sich AMD somit mal wieder am unteren Ende der Marktanteils-Historie – noch nicht auf absoluten Tiefstständen (nur 17% Marktanteil im vierten Quartal 2020), aber dennoch vergleichsweise nahe dran. Zu normalen Zeiten würde dies Bedenken auslösen, ob AMD diesen Wettstreit noch lange mithalten kann bzw. ob solcherart niedrige Marktanteile langfristig nicht negative Effekte auslösen könnten.

Derzeit läßt sich der niedrige AMD-Marktanteil jedoch über die Schwierigkeiten in der Chipfertigung erklären, von welchen AMD am stärksten betroffen ist – und somit nicht wirklich zeigen kann, welches Marktpotential die aktuelle Radeon RX 6000 Serie eigentlich hätte. Perspektivisch kommt hinzu, dass über den kommenden Markteintritt von Intels Arc-Beschleunigern ab Jahresanfang 2022 ein dritter Wettbewerber in den Ring steigt, womit AMD & nVidia zukünftig sowieso mit jeweils etwas kleineren Marktanteils-Zahlen rechnen müssen. Doch während die reinen Stückzahlen somit derzeit bestenfalls normale Werte erreichen, hat das Grafikkarten-Geschäft an der Umsatzfront mittels Cryptomining-Hype und Lieferkrise in enormen Maßstab zugelegt, wie eine sehr interessante Infografik seitens Jon Peddie Research zu den Grafikkarten-Umsätzen (zu Endverbraucher-Preisen) seit dem Jahr 2017 aufzeigt:

Danach ist der Grafikkarten-Markt faktisch auf das Doppelte bis Dreifache des vorherigen Zustands explodiert, gut abzulesen an den sich daran ergebenden durchschnittlichen Abgabepreisen: Im zweiten Quartal 2020 zeigen die vorhandenen Werte zu Quartalsumsatz und Quartalsstückzahl einen durchschnittlichen Verkaufspreis von 420 Dollar an – ein Jahr später sind es hingegen gleich 1035 Dollar. Beide Zahlen erscheinen zwar vergleichsweise hoch, allerdings wurden durchschnittliche Verkaufspreise bei Jon Peddie Research immer schon recht hoch angegeben und zählt im Endeffekt vor allem der relative Unterschied – welcher derzeit bei einer Steigerung um +146% (auf ein Preisniveau von 246%) herauskommt, und somit den in diesem Jahr aus Konsumenten-Sicht gemachten Erfahrungen entspricht. Da die Grafikkarten-Straßenpreise ab Juli dann wieder heruntergegangen sind, dürften die Umsatzzahlen des ersten Halbjahrs wahrscheinlich jedoch (vorerst) einmalige Höchststände bleiben.

Diese Angaben von Jon Peddie Research bzw. die obenstehend in der Tabelle notierten Zahlen (welche aus der Infografik stammen bzw. ausgehend von dieser interpoliert wurden) dürfen allerdings nicht gänzlich auf die Goldwaage gelegt werden, da ein Vergleich mit früheren Reports teilweise deutlich andere Zahlen ergibt: So zeigt die Infografik für das dritte Quartal 2020 einen Grafikkarten-Umsatz von 5,6 Mrd. Dollar an, gemäß dem seinerzeitigen Report seitens Jon Peddie Research wurden damals jedoch nur 4,2 Mrd. Dollar notiert. Offensichtlich hat hier eine deutliche, nachträgliche Umbewertung der Grafikkarten-Preise stattgefunden – welche nahelegt, dass dann auch die neuen Zahlen mit einem gewissen Spielraum zu betrachten sind. Die aktuell erzielten Unterschiede sind jedoch sowieso derart groß, dass die grundsätzliche Richtung selbst bei gewisser Zahlen-Ungenauigkeit in jedem Fall passt.

Wie üblich, gab es seitens Jon Peddie Research auch noch einen ersten Report, welcher sich der Marktverteilung bei dGPUs sowie allen PC-Grafikchips widmet. Die diskreten Grafikchips für Desktop- und Mobile-Segment sahen dabei einen vergleichsweise deutlichen Abschwung bei AMD auf nur noch 17% Marktanteil – was angesichts des nahezu identischen Marktanteils bei Desktop-dGPUs nur bedeuten kann, das AMD bei Mobile-dGPUs im vergangenen Quartal deutlich weniger liefern konnte. Interessant daneben ist der Punkt, dass Desktop- und Mobile-dGPUs derzeit mengenmäßig fast identisch liegen (~11,4 zu ~11,1 Mio. Stück), vor Jahresfrist die Desktop-dGPUs jedoch noch deutlich vorn lagen (~10,0 zu ~6,7 Mio. Stück). Augenscheinlich liefern die Grafikchip-Entwickler im Jahresvergleich verstärkt ins Mobile-Segment – was aus deren Sicht eine sinnvolle Business-Entscheidung darstellt, denn im Mobile-Segment verdienen AMD & nVidia direkt an allen Preisübertreibungen mit.

diskrete Grafikchips Q2/2020 Q3/2020 Q4/2020 Q1/2021 Q2/2021
AMD 20% 20% 18% 19% 17%
nVidia 80% 80% 82% 81% 83%
Auslieferungsmenge ~16,7 Mio. Stück ? ? ~22,3 Mio. Stück ~22,5 Mio. Stück
Marktanteile basierend auf ausgelieferten Stückzahlen, Quelle: Jon Peddie Research

Die Marktanteile zu allen PC-Grafikchips bewegten sich hingegen nur noch marginal – und werden wie üblich durch integrierte Grafik (iGPUs) dominiert, was sich aufgrund einiger bekanntgegebener Gesamtzahlen nun auch wirklich nachweisen läßt. So lag der Anteil von iGPUs an den gesamten PC-Grafikchips im zweiten Quartal 2021 bei knapp 82% – und auch ging so gut wie alles der gegenüber dem Vorquartal 4 Millionen mehr abgesetzten GPUs auf das Konto der iGPUs. Selbst der Vergleich mit dem Vorjahreszeitraum sieht primär die iGPUs als Markttreiber: So wurden im Jahresvergleich ingesamt satte 52 Millionen mehr PC-Grafikchips abgesetzt – wovon jedoch nur runde 6 Millionen dGPUs (und damit echte Grafikchips) waren, die restlichen 46 Millionen dann jedoch iGPUs. Der teilweise in einiger Berichterstattung zu lesende "große Grafikkarten-Aufschwung" resultierte also letztlich primär aus dem generell anziehenden PC-Geschäft, in welchem mehr PC-Prozessoren und damit dann mehr iGPUs abgesetzt wurden.

alle PC-Grafikchips Q2/2020 Q3/2020 Q4/2020 Q1/2021 Q2/2021
AMD 17,7% 19% 16,8% 16,7% 16,5%
Intel 63,5% 62% 68,7% 68,2% 68,3%
nVidia 18,8% 19% 14,6% 15,2% 15,2%
Auslieferungsmenge ~71 Mio. Stück ? ? 119 Mio. Stück 123 Mio. Stück
iGPU-Anteil ~76% ? ? ~81% ~82%
Marktanteile basierend auf ausgelieferten Stückzahlen (inkl. iGPUs), Quelle: Jon Peddie Research

Der geringe Anteil von extra Grafikchips sowie von Grafikchips für Desktop-Grafikkarten am Gesamtmarkt wird mit diesem großen Aufschwung der iGPUs nur noch stärker: Sind vor Jahresfrist noch ~24% aller abgesetzten PC-GPUs dem Bereich "dGPU" zuzuordnen sowie immerhin ~14% aller abgesetzten PC-GPUs dann Grafikchips für Desktop-Grafikkarten, lagen diese Werte im abgelaufenen zweiten Quartal 2021 bei nur noch ~18% dGPUs sowie nur noch ~9% Grafikchips für Desktop-Grafikkarten. Die iGPUs marginalisieren somit das dGPU-Geschäft stückzahlenmäßig nochmals deutlicher. Dies sollte eigentlich den Weg dazu weisen, sich zukünftig vornehmlich mit den Marktanteilen bei dGPUs zu beschäftigen – und die vergleichsweise unsinnige Betrachtung von durch iGPUs dominierten Gesamtzahlen eher links liegen zu lassen. Dies gilt um so mehr, als dass dGPUs (in Form des damit erbrachten Umsatzes) einen erheblichen wirtschaftlichen Effekt im Grafik-Business nachweisen können, iGPUs hingegen jedoch nur eine (klar) untergeordnete Teilmenge des Prozessoren-Geschäfts darstellen.