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Intel plant 28-Kern-Prozessoren als "Core i9" für das Desktop-Segment

Neben dem Core i7-8086K war Intels Hauptthema auf der Computex 2018 der Teaser für die kommenden 28-Kern-Prozessoren im Rahmen des Skylake-X-Nachfolgers "Cascade Lake" – von Intel mittels einer Cinebench-Demonstation auf einer Taktrate von gleich 5 GHz medial bestmöglich unterstützt. Da es dazu (sicherlich bewußt) erst einmal keine weiteren Informationen gab, war natürlich das Feld für Spekulationen und sensationelle Schlagzeilen à "28-Kern-CPU mit 5 GHz" bereitet. Doch dies dürfte wohl nicht derart passieren, jedenfalls nicht in dieser Kombination. Jene Taktrate ensprang sowieso nur einer reinen Demonstration und sollte damit keineswegs mit einem Taktraten-Versprechen für Serien-Modelle verwechselt werden. Die 28 CPU-Kerne sind – ohne Beachtung des Marktsegments – dagegen erst einmal nur eine Wiederholung dessen, was Skylake-X/SP im Server-Segment schon letztes Jahr geboten hatte. Interessant wird die Sache erst, sofern Intel diese gewaltige Hardware dann auch im Desktop-Segment bei seinen HEDT/Enthusiasten-Modellen anbieten würde.

Doch trotz das es anfänglich nicht gerade danach ausgesehen hatte, bringt die PC Games Hardware von der Computex die Kunde mit, das Intel jene 28-Kern-Prozessoren tatsächlich als "Core i9" für das Desktop-Segment in Planung hat (mit Dank an die PCGH, welche hier entsprechend nachgebohrt und damit diese entscheidende Information geliefert hat). Dies ändert die Angelegenheit natürlich sehr deutlich: Sah es zuerst nach einem reinem Refresh von Skylake-X/SP aus, so kann sich mit "Cascade Lake" zumindest das HEDT-Segment über mehr Wahlmöglichkeiten freuen (für das Server-Segment bleibt das Angebot allerdings gleich, vorbehaltlich etwaiger Taktraten-Steigerungen). Ob es hierfür wirklich neue Prozessoren-Sockel und Mainboard-Chipsätz gibt, bleibt allerdings noch offen: Intels Computex-Testsample lief zwar im Server-Sockel 3647 und damit auf einem Server-Mainboard mit 6-Kanal-Speicherinterface – aber für die kommenden Serienmodelle muß Intel dies nicht zwangsläufig so handhaben. Auch die bisherigen HEDT-Modelle von Skylake-X basieren letztlich auf Prozessoren-Dies, welche allesamt ein 6-Kanal-Speicherinterface besitzen und im Server-Segment mit Sockel 3647 antreten – für die jeweiligen HEDT-Ausführungen reicht Intel dagegen bisher ein 4-Kanal-Speicherinterface und der Sockel 2066.

Allerdings könnte man natürlich darüber nachdenken, ob mehr Speicherbandbreite nicht besser zu Prozessoren mit bis zu 28 CPU-Kernen passt – und somit das Sechkanal-Interface eventuell auch in den Desktop bringen. Sofern Intel bei der Taktrate der Verkaufsmodelle nicht handzahm herangeht, dürfte dagegen zumindest eine Erhöhung der offiziellen TDP nahezu unumgänglich sein – was selbst bei Weiterverwendung des X299-Chipsatzes und des bisherigen Vierkanal-Interfaces eventuell sowieso neue Mainboards bedingen würde. Da Intel aber sowieso mit dem X399 einen neuen HEDT-Chipsatz auflegen wird, stehen diesbezüglich noch alle Möglichkeiten offen: So könnte man Cascade Lake grundsätzlich nur auf Mainboards mit dem neuen X399-Chipsatz antreten lassen, oder aber nur für Teile von Cascade Lake den neuen Chipsatz voraussetzen, auch ein neuer Sockel, neue TDP bzw. die generelle Benutzung des Sechskanal-Interfaces selbst bei den "kleineren" Prozessorenmodellen steht hierbei noch als Möglichkeit im Raum.

    Intel Cascade Lake

  • 14nm-Fertigung von Intel (14FF++)
  • CPU-Architektur wie bei Skylake-X/SP (eventuell minimale Verbesserungen, zzgl. Support von Optane-Hauptspeicher)
  • bis zu 28 CPU-Kerne
  • vermutlich erneut drei Prozessoren-Dies: 10C, 18C und 28C
  • vermutlich erneut durchgängiges 6-Kanal-Speicherinterface für DDR4-Speicher (nicht zwingend für alle Marktsegmente genutzt)
  • vermutliche Desktop-Verkaufsnamen: Core i7-8xxx und Core i9-8xxx
  • Mainboard-Support derzeit vakant: Sicher für neue X399-Mainboards, für "alte" X299-Mainboards jedoch ungewiß
  • Desktop-Verfügbarkeit im vierten Quartal 2018

Abseits dieser Dinge sollte für den Enthusiasten-Käufer aber eher interessant sein, welche Taktraten-Verbesserungen Cascade Lake mit sich bringt – nachdem es allem Augenschein nach (erneut) keinerlei Verbesserungen an der CPU-Architektur selber geben wird (noch existiert die Hoffnung auf Verbesserungen an der Mesh-Konstruktion zur Verbindung der einzelnen CPU-Kerne). Die von Intel gezeigten 5 GHz kann man eventuell als Anzeichen einer Taktraten-Offensive betrachten – wie hoch diese ausfällt und mit was für TDP-Steigerungen man im Gegenzug rechnen muß, dürfte daran der entscheidende Punkt sein. Intel wird sich natürlich ausrechnen, wie weit AMD mit der zweiten Threadripper-Generation kommen kann – womit man eventuell genau an den kritischen Stellen versuchen könnte, entsprechend groß aufzutrumpfen. Bevor dies jedoch nicht in Zahlen und Daten feststeht, sollte so etwas aber besser nicht jetzt schon versprochen werden.

Das Problem von Skylake-X gegenüber AMDs Ryzen Threadripper liegt schließlich sowieso nicht wirklich an der Performance oder aber zu wenigen CPU-Kernen – sondern vielmehr bei den Preisvorstellungen Intels, welche AMD eine weit offene Flanke gelassen haben. Ob dann mehr Technik (noch dazu auf gleicher Fertigungstechnologie und damit gleichen Kosten) daran etwas ändert, kann man durchaus anzweifeln – und für Preissenkungen ist Intel nun wiederum nicht gerade bekannt. Eventuell wird man mit der Vorstellung von Cascade Lake ein paar Preise der neuen Prozessoren tiefer ansetzen als bei den jeweiligen Vorgängern, aber die große Preisoffensive ist bei Intel eher unwahrscheinlich – dafür verdient Intel viel zu gut an diesen CPUs und will im eigenen Selbstverständnis mit den hohen Preisen auch die Wertigkeit der eigenen Produkte ausdrücken. Für AMD dürfte damit auch weiterhin eine gewisse Flanke offenbleiben, um mit dem im August zu erwartenden Ryzen Threadripper 2000 im Enthusiasten-Markt wildern zu können.

Nachtrag vom 8. Juni 2018

Tom's Hardware und AnandTech bringen Intel-bestätigte Klarstellungen zu Intels 28-Kern-5-GHz-Demonstration, welche auf der Computex 2018 für einiges Aufsehen gesorgt hatte. Mittel diesen Klarstellungen gibt Intel zu, das hier ein Server-Prozessor auf einem Server-Mainboard mit Industrie-Kühlung auf (starker) Übertaktung lief – samt wahrscheinlich exorbitanter Leistungsaufnahme, in diesem Punkt schwieg sich Intel leider aus. Das benutzte Netzteil hatte in jedem Fall eine Nennleistung von 1300 Watt, das benutzte Kühlsystem (Hailea HC-1000B mit eigener Stromversorgung) ist für 1000 Watt Leistungsaufnahme spezifiziert – zusammen sind dies nominell bis zu 2300 Watt, auch wenn Intel dies kaum vollständig ausgenutzt haben dürfte. Bei diesem Aufwand ging es primär darum, die eigene Demonstration sicher über die Bühne zu bringen – mit dem einzigen Zweck, einen Cinebench-Durchlauf mit 28 CPU-Kernen auf 5 GHz in die Kameras zu zeigen. Die Fachpresse ist ob dieser nachträglichen Offenbarungen jedoch weitgehend "not amused" und wirft Intel mal mehr und mal weniger deutlich vor, selbige mit dieser Präsentation direkt hinters Licht geführt zu haben.

Dies trifft sicherlich zu – genauso auch wie die These, das hier zwei zur Show gehören. Denn vornehmlich die internationale Presse hat das ganze nur zu gern verbreitet, hat sich somit von Intel unbewußt für diesen Marketing-Stunt einspannen lassen. Dabei war von Anfang an klar, das Intel nicht mit einem kaum veränderten Stück Silizium (Cascade Lake ist nahezu Skylake-X) und ohne besseres Fertigungsverfahren nun plötzlich einen solch großen Sprung hingelegt haben konnte – die 28 CPU-Kerne auf 5 GHz mussten einfach Overclocking sein, für diese Einschätzung sollte man keinen Blick auf die genaue Hardware benötigen. Die deutschsprachige Presse hat sich in dieser Frage im übrigen wacker geschlagen und dies oftmals von Anfang an so wiedergegeben – auch wenn an der Schlagzeile mit den "28 CPU-Kernen" und der Taktrate von "5 GHz" kaum etwas vorbeiführt. Erstaunlich ist ein wenig die Reaktion der englischsprachigen Presse, welche nunmehr so tut, als würde aus Herstellermund nur die reinste Wahrheit zu erwarten sein – dies erscheint wie 20 Jahre hinter der Zeit, was für Journalisten als erklärte Mittler von Nachrichten eher denn peinlich wäre. Aber man kann das ganze natürlich auch viel gelassener sehen – und die ganze Affäre als kleinen Spaß verarbeiten.