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nVidia beendet das "GeForce Partner Program" (GPP)

Grafikchip-Entwickler nVidia hat mittels eines Blog-Eintrag die Einstellung des "GeForce Partner Programs" (GPP) verkündet. Als Grund hierfür gibt man an, besser nicht gegen (Zitat) "Gerüchte, Mutmaßungen und Unwahrheiten" ankämpfen zu wollen – welche GPP seit seinem Bekanntwerden sicherlich begleitet haben. Leider vergißt man an dieser Stelle zu erwähnen, das man all diese "Gerüchte, Mutmaßungen und Unwahrheiten" umgehend selber mit der Veröffentlichung der GPP-Vertragsbedingungen (notfalls an sensiblen Stellen geschwärzt) hätte wiederlegen können – sofern es denn etwas zu wiederlegen gab. Derjenige, der (als einziger) auf den Fakten-Informationen sitzt und jene partout nicht herausgeben will, muß sich über das Aufkommen von Gerüchten sicherlich nicht wundern. Und wer zudem den Schwanz einzieht, anstatt eine Sache geradezurücken, gibt indirekt zu verstehen, das die "Gerüchte, Mutmaßungen und Unwahrheiten" letztlich doch im Kern wahr gewesen waren.

Aller Wahrscheinlichkeit wahr ist, das nVidia mittels GPP die Grafikkarten- und PC-Hersteller dazu angehalten hat, bei ihren speziellen "Gaming"-Verkaufsmarken eine Trennung zwischen nVidia- und AMD-Produkten vorzunehmen. Da kein Hersteller vorher gleich zwei "Gaming"-Verkaufsmarken geführt hatte, läuft diese Bedingung in der Praxis darauf hinaus, das die (an GPP teilnehmenden) Grafikkarten- und PC-Hersteller gezwungen waren, extra nur wegen GPP eine weitere "Gaming"-Verkaufsmarke aufzumachen (wie bei Asus passiert) oder alternativ die eigenen AMD-Grafikkarte aus der vorhandenen "Gaming"-Verkaufsmarke zu entfernen (wie bei MSI passiert). Aufgrund der letztlich zu beobachtenden Maßnahmen seitens MSI & Asus ist es nahezu ausgeschlossen, das dieser Punkt nicht zutrifft. Ironischerweise kann man dies sogar dem weiteren Blogtext von nVidia entnehmen – dort wird klar zum Ausdruck gebracht, das man die Grafikkarten- und PC-Hersteller zu einer sichtbaren Differenzierung zwischen AMD und nVidia animiert hat.

Etwas vakant ist dagegen der Punkt, wie hoch die Hürden sind, welche nVidia für eine GPP-Nichtteilnahme aufgestellt hat – schon allein deswegen, weil so etwas gern schwammig formuliert wird und damit dessen reale Wirkung in der Praxis ausgetestet werden müsste. Allerdings kann man gut und gerne annehmen, das die GPP-Teilnahme handfeste Vorteile für die Grafikkarten- und PC-Hersteller haben muß – bzw. die Nichtteilnahme ebenso handfeste Nachteile. Damit gilt, egal wie diese Unterschiede zwischen GPP-Teilnehmer und GPP-Nichtteilnehmer konkret aussehen mögen, das nVidia die GPP-Nichtteilnehmer zu benachteiligen versuchte. Ob es sich hierbei wirklich um geldwerte Vorteile, den Verlust des Status als Launch-Partner oder gar die Zurückstellung bei Grafikchip-Bestellungen handelt, kann dabei sogar offenbleiben – irgendetwas handfestes wird es gewesen sein, ansonsten wären MSI & Asus nicht umgehend GPP-Teilnehmer geworden.

Auch an dieser Stelle gilt dann wie gesagt, das nVidia alle "Gerüchte, Mutmaßungen und Unwahrheiten" mit der Veröffentlichung der GPP-Vertragsbedingungen umgehend wiederlegen könnte – gerade jetzt nach deren Ende dürfte der bislang vorgeschobene Status als "Geschäftsgeheimnis" kaum noch als glaubwürdiges Argument gelten können. Durch die GPP-Einstellung umgeht nVidia allerdings auch die drohende Gefahr, die GPP-Vertragsbedingungen einem Richter oder Beamten einer Wettbewerbs-Behörde vorlegen zu müssen – und genau an dieser Stelle dürfte der echte Grund für die GPP-Einstellung liegen. Denn letztlich hat sich GPP nicht heimlich etablieren können, wie es Intel seinerzeit noch im Abwehrkampf gegen AMDs K7- und K8-Prozessoren geschafft hatte, sondern lag ziemlich schnell nach Auflage unter Dauerfeuer. nVidia musste, stimmt auch nur die Hälfte der "Gerüchte, Mutmaßungen und Unwahrheiten", eine Wettbewerbsermittlung mit wahrscheinlich eher unschönem Ausgang erwarten – da hat man dann besser vorab den Stecker gezogen.

Unklar ist, wie die bereits eingetretenen GPP-Folgen nunmehr gehandelt werden. MSI könnte sicherlich zu den früheren Grafikkarten-Namen zurückkehren – das würde etwas komisch aussehen, aber dies wäre machbar (und hoffentlich zahlt nVidia für den ganzen logistischen Zusatzaufwand). Bei Asus hat man sich nun generell neu gebettet, eventuell behält man daher auch einfach den "AREZ"-Brand für AMD-Grafikkarten, eventuell zukünftig wieder mit deutlicherer Nennung des Herstellers "Asus". Die anderen Grafikkarten- und PC-Hersteller sind weit weniger betroffen und dürften daher weniger Aufwand haben, sich auf die neue (alte) Situation wieder einzustellen. Für den PC-Markt dürfte diese Affäre hoffentlich eine heilsame Erfahrung sein, das man sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen kann, egal wie bombastisch man in seinem Stammmarkt stehen mag. Bezüglich nVidia selber bleibt nur die Hoffnung, es jetzt endlich gelernt zu haben – so dass man in Zukunft auf weitere solcher Böcke (welche bei nVidia leider Tradition haben) vielleicht doch verzichten kann.

Nachtrag vom 6. Mai 2018

Bezüglich der Einstellung von nVidias GPP wird in unserem Forum der durchaus korrekte Gedanke geäußert, das rein hypothetisch nVidia das ganze nun natürlich unter der Hand trotzdem weiterbetreiben könnte. Ohne Vertragswerk, was leaken kann, ist die Angriffsfläche weitaus niedriger – und die Bedrohung der Grafikkarten- und PC-Hersteller beispielsweise in Form des Verlusts des Status als Launch-Partner oder durch die Zurückstellung bei Grafikchip-Bestellungen muß keineswegs offiziell erklärt werden, hier reicht einfach die Praxiswirkung. Gegen diese These spricht, das nach der offiziellen Einstellung von GPP die nVidia-Partner nun kaum dessen inoffizielle Fortführung akzeptieren werden bzw. hierbei man eher auf die Bereitschaft der Grafikkarten- und PC-Hersteller hoffen kann, im Zweifelsfall mit den Wettbewerbsbehörden zusammenzuarbeiten. Der Idealfall aus dieser Sichtweise wäre natürlich, wenn sich irgendwelche eindeutigen Anzeichen der real wirksamen GPP-Einstellung ergeben: Beispielsweise, wenn Asus seinen AREZ-Brand wieder auflöst, neue AMD-Grafikkarten von MSI unter die "GAMING"-Marke oder von Gigabyte unter die "Aorus"-Marke gestellt werden. Sollte selbiges passieren, kann man dies als klares Zeichen dafür werten, das GPP nun tatsächlich Geschichte ist.