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Wie AMDs Arctic-Islands-Generation für das Jahr 2016 aussehen könnte

Nach der Vorschau auf nVidias 2016er Pascal-Generation darf natürlich auch eine Vorschau auf die Konkurrenz nicht fehlen: Zu einem wohl ähnlichen Zeitpunkt wie nVidia wird AMD im Jahr 2016 mit der "Arctic Islands" Generation antreten. Zu jener sind leider noch weniger Details bekannt als zu nVidias Pascal-Generation – resultierend schlicht aus dem Umstand, daß Pascal nVidias direkt nächste Grafikchip-Generation sein wird, während bei AMD bekannterweise noch die 2015er Pirate-Islands-Generation dazwischensteht, welche derzeit noch auf ihren Release wartet. Damit geht bei AMD derzeit das Augenmerk eher eben auf diese Pirate-Islands-Generation, griffige Informationen zur Arctis-Islands-Generation gibt es so gut wie noch gar keine – einzig allein wurde kürzlich mit "Greenland" ein erster Grafikchip aus dieser Generation erwähnt, ohne aber das es eine gewisse Einordnung dieses Grafikchips gäbe (und eventuell gehört jener auch schlicht zu Arctic-Islands-basierten APUs, also nicht zum eigentlichen Grafikchip-Programm).

Trotzdem gibt es zumindest gewisse Eckpunkte bezüglich AMDs Arctic-Islands-Generation, welche wahrscheinlich als "Radeon R400" Serie in den Verkauf gehen wird: Klar ist zum einen die Verwendung einer neuen Fertigungstechnologie aus der 14/16nm-Generation – wobei AMD erstmals bei seinen Grafikchips komplett von Auftragsfertiger TSMC weggehen und statt deren 16FF+ Fertigung die 14nm-Fertigung von GlobalFoundries benutzen wird. Jene in Lizenz von Samsung stehende Fertigungstechnologie soll der 16FF+ Fertigung von TSMC sowohl zeitlich als auch technologisch etwas voraus sein – wobei AMD dadurch, daß man nicht bei Samsung selber, sondern bei GlobalFoundries fertigen lassen wird, den zeitlichen Vorteil womöglich wieder einbüßt. In jedem Fall ergibt sich bei den 2016er Grafikchips die bislang nie in dieser Form dagewesene Situation, daß die Grafikchip-Entwickler mit unterschiedlichen Fertigern antreten – was unerwartete Risiken und Nebenwirkungen ergeben könnte. Bislang war es schließlich immer so, daß ein Problem bei Auftragsfertiger TSMC die Grafikchips von AMD und nVidia gleichermaßen betraf und sich damit kein Vor- oder Nachteil für den einen oder anderen Grafikchip-Entwickler ergeben konnte.

Doch nun könnte der kommende Zweikampf zwischen AMD Arctic Islands und nVidia Pascal auch durch die Wahl des jeweiligen Auftragsfertigers entschieden werden: Hat beispielsweise der eine Auftragsfertiger echte Probleme (bei der Fertigstellung eines Chips oder bei der Produktionsausbeute), dann könnte der jeweils andere Grafikchip-Entwickler faktisch kampflos gewinnen – oder sich zumindest mit hohem zeitlichen Vorteil im Markt positionieren, lange bevor der andere Grafikchip-Entwickler nachziehen kann. Eine solche Situation muß natürlich nicht eintreten, es besteht allerdings nunmehr das grundsätzliche Risiko hierfür. Eher wahrscheinlich sind gewisse Differenzen bei der zeitlichen Verfügbarkeit, der Produktionsausbeute und der technischen Features wie erreichbare Transistorendichte und Stromverbrauch der produzierten Chips, welche dann allesamt einen gewissen Einfluß auf den Konkurrenzkampf der zwei Chip-Architekturen nehmen werden.

Eine andere Folge des Wechsels auf die 14nm-Fertigung von GlobalFoundries ist die damit erzielbare enorme Steigerung der Packdichte um den Faktor 2 (oder leicht mehr) – was es für AMD sinnvoll macht, mal wieder ein komplettes Chip-Portfolio neu aufzulegen. In der letzten Zeit hat AMD bekannterweise ziemlich viel mit Rebrandings gearbeitet, selbst die kommende Radeon R300 Serie wird wahrscheinlich mehrheitlich aus Rebrandings bestehen. Dies ist auch einfach dem Umstand geschuldet, daß es sich oftmals nicht lohnt, innerhalb derselben Fertigungstechnologie neue Chips aufzulegen, wenn man bereits vorhandene Chips für dieselbe Aufgabe nutzen kann. nVidias Maxwell-Generation ist hier bei die Ausnahme von der Regel – welche aber auch nur Sinn machte durch den hohen Effizienzgewinn der Maxwell-Architektur. Da AMD die Effizienz der einzelnen 28nm-Chips nur eher maßvoll gesteigert hat, machte und macht für AMD eine komplett neue Chip-Generation in der 28nm-Fertigung wenig Sinn, sind die Rebrandings somit vielleicht eher verständlich.

Unter der 14nm-Fertigung sieht dies wie gesagt ganz anders aus: Mittels dieser kann man dieselben Grafikchips mit deutlich kleineren Chipflächen und damit (trotz steigender Kosten pro Transistor) geringeren Kosten herstellen – bzw. wird dieser Gewinn logischerweise wieder draufgehen zur Herstellung ähnlich großer Chips mit entsprechend höherem Leistungspotential. Allein die Existenz von nVidias kommende Pascal-Generation wird AMD sowieso letztlich dazu zwingen, die Vorteile der 14nm-Fertigung dahingehend auszunutzen, viel leistungsfähigere Grafikchips anzubieten – so lange ein Wettstreit im Grafikchip-Segment existiert, wird sich in dieser Frage keiner der beiden Grafikchip-Entwickler eine Blöße geben können. Ähnlich wie bei nVidia ist von AMDs Arctic-Islands-Generation demzufolge eine starke Steigerung der Anzahl der Hardware-Einheiten zu erwarten.

Die genaue Höhe der Steigerung hängt von vielfältigen technischen Faktoren sowie auch der jeweiligen Zielsetzung der Grafikchip-Entwickler ab und ist daher derzeit nur höchst ungenau mit +50% bis maximal +100% anzugeben. Aufgrund der aktuell höheren Effizienz der Grafikchip-Architektur von nVidia scheint AMD erneut mehr Shader-Einheiten zu benötigen als nVidia, um in etwa dieselbe Performance erzielen zu können. Daher könnte es durchaus vorkommen, daß AMD in der Arctic-Islands-Generation beim Spitzenchip mit bis zu 8000 Shader-Einheiten antritt. Um dies ordentlich mit Speicherbandbreite versorgen zu können, wird AMD dann HBM2-Speicherinterfaces und HBM2-Speicher breit verbauen – wahrscheinlich aber nicht für alle Grafikchips, denn HBM2-Speicher könnte für LowCost- und Mainstream-Bedürfnisse auch im Jahr 2016 noch zu teuer sein. In jedem Fall liegt in der breitflächigen Verwendung von HBM2 ein weiterer, durch AMD schon indirekt bestätigter Punkt der Arctic-Islands-Generation.

Da die genauen Codenamen der einzelnen Grafikchips von AMDs Arctic-Islands-Generation noch nicht bekannt sind, haben wir für die nachfolgende Tabelle als Platzhalter ein mit nVidia vergleichbares Nummernschema gewählt (100 = Enthusiast, 104 = HighEnd, 106 = Performance, 107 = LowCost), mit einem "AI" für "Arctic Islands" vorangestellt. Damit sollte sich halbwegs erkennen lassen, welcher Grafikchip in welches Preis- und Performance-Segment gehen soll. Sofern AMD diese zu starke Anlehnung der (ja nur als Platzhalter benutzten) Codenamen an nVidia stört, darf man uns natürlich mittels exakter Informationen zu den Codenamen der Arctic-Islands-Generation gern eines besseren belehren:

Southern Islands Sea/Volcanic/Pirate Isl. Arctic Islands
Enthusiast - Fiji
~550mm² @ 28nm TSMC
4096 Shader-Einheiten
4096 Bit DDR HBM1-Interface
Release: Juni 2015
"AI-100"
vmtl. ~500-550mm² @ 14nm GloFo
vmtl. ~6000-8000 Shader-Einheiten
vmtl. 4096 Bit DDR HBM2-Interface
vmtl. Release: 2016
HighEnd Tahiti
352mm² @ 28nm TSMC
2048 Shader-Einheiten
384 Bit DDR GDDR5-Interface
Release: Dezember 2011
Hawaii
438mm² @ 28nm TSMC
2816 Shader-Einheiten
512 Bit DDR GDDR5-Interface
Release: Oktober 2013
"AI-104"
vmtl. ~350mm² @ 14nm GloFo
vmtl. ~4000-5000 Shader-Einheiten
vmtl. 2048 Bit DDR HBM2-Interface
vmtl. Release: 2016
Performance Pitcairn
212mm² @ 28nm TSMC
1280 Shader-Einheiten
256 Bit DDR GDDR5-Interface
Release: März 2012
- "AI-106"
vmtl. ~200mm² @ 14nm GloFo
vmtl. ~2000-2500 Shader-Einheiten
vmtl. 256 Bit DDR GDDR5-Interface
(oder 1024 Bit DDR HBM2-Interface)
vmtl. Release: 2016
Mainstream Cape Verde
123mm² @ 28nm TSMC
640 Shader-Einheiten
128 Bit DDR GDDR5-Interface
Release: Februar 2012
Bonaire
160mm² @ 28nm TSMC
896 Shader-Einheiten
128 Bit DDR GDDR5-Interface
Release: März 2013
"AI-107"
vmtl. ~120mm² @ 14nm GloFo
vmtl. ~1000-1200 Shader-Einheiten
vmtl. 128 Bit DDR GDDR5-Interface
vmtl. Release: 2016
Anm.: Diese Tabelle enthält für die 2016er Arctic-Islands-Generation inklusive auch der Chipnamen rein spekulative Angaben.

Prinzipiell gesehen sind dies natürlich alles nur Vermutungen, welche auf den technischen Rahmenbedingungen fußen – echte Angaben hat derzeit noch keiner zur Arctic-Islands-Generation. AMD könnte uns auch mit einem deutlich kleineren Ansatz überraschen, um die höheren Fertigungskosten der 14nm-Fertigung besser zu kaschieren – andererseits wurde zuletzt doch deutlich, daß sich AMD nicht mehr mit der Rolle des nahezu kampflosen Erfolgs von nVidia im Kampf um die Leistungskrone im SingleChip-Segment zufrieden geben und daher ab dem Fiji-Chip auch wieder wirkliche Enthusiasten-Chips auflegen will. Sofern AMD diese Strategie nicht gleich wieder umstößt, benötigt man sicherlich einen ähnlich wie vorstehend beschriebenen Enthusiasten-Chip innerhalb der Arctic-Islands-Generation – und der Rest des Portfolios ergibt sich dann nahezu automatisch von selbst. Etwas unsicher ist allerdings noch, ob AMD wirklich einen HighEnd-Chip auflegt – oder nicht einfach den Fiji-Chip dafür benutzt, jener ist technisch schließlich ziemlich gleich zum HighEnd-Chip der Arctic-Islands-Generation. Fertigungstechnisch müsste es allerdings trotz steigenden Kosten für die 14nm-Fertigung günstiger sein, einen ~350mm² großen Chip unter der 14nm-Fertigung aufzulegen, als einen ~550mm² großen Chip unter der 28nm-Fertigung.

Leider sehr wenig gibt es dazu zu sagen, was AMD an Architektur-Änderungen für die Arctic-Islands-Generation plant: Dafür ist diese Grafikchip-Generation einfach noch zu weit weg (kommt schließlich erst einmal die Pirate-Islands-Generation), ist AMD auch arg wenig freigiebig mit Informationen zu langfristigen Zielsetzungen. Ob AMD also mal wieder größere Änderungen an der GCN-Architektur einfließen läßt oder es aber bei den stetigen, jedoch zumeist eher kleinen Verbesserungen bleibt, muß man einfach abwarten. AMD wird sich diesbezüglich nicht in die Karten schauen lassen, sondern dieses Jahr erst einmal die Pirate-Islands-Generation groß promoten – erst im Jahr 2016 wird es vermutlich halbwegs griffige Informationen zur Arctic-Islands-Generation geben, welche nicht (wie vorstehend) auf Vermutungen basieren.