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Die Grafikchip- und Grafikkarten-Marktanteile im vierten Quartal 2020

Von Jon Peddie Research kommen die neuesten Marktzahlen zu den Marktanteilen der Grafikchip-Entwickler im Markt für Desktop-Grafikkarten (Add-in Boards = AIBs) für das vierte Quartal 2020. In selbigem verschärften sich die jüngsten Wehen von AMD in diesem Teilmarkt, womit AMD auf einen historischen Tiefstand von nur noch 17% AIB-Marktanteil kam – und nVidia somit auf nunmehr sogar 83% AIB-Marktanteil davonziehen lassen musste. Ausgangspunkt des ganzen dürfte natürlich gewesen sein, wer wieviel liefern kann – und AMD konnte augenscheinlich viel weniger liefern als es nVidia doch noch konnte. An einer Mengenschwankung für den Gesamtmarkt kann es jedenfalls nicht gelegen haben, denn hierbei bewegte sich weder gegenüber Vorquartal (–3,9%) noch gegenüber Vorjahreszeitraum (–6,5%) bedeutsam etwas. Der Grafikkarten-Markt lief somit rein bezogen auf die Auslieferungsmenge grob auf Normalmaß (11-12 Mio. Desktop-Grafikkarten pro Quartal) – womit nVidias eigene Auslieferungsmenge ebenfalls recht normal gewesen sein wird, AMD allerdings klar unterdurchschnittlich ausgeliefert hat.

AiB-Grafikchips Q4/2019 Q1/2020 Q2/2020 Q3/2020 Q4/2020
AMD 31,1% 30,8% 22% 23% 17%
nVidia 68,9% 69,2% 78% 77% 83%
Quelle: Jon Peddie Research

Damit ist nVidia zumindest bezüglich des Vorwurfs aus dem Schneider, den Launch seiner Ampere-Generation mit beachtbar zu geringer Warenmenge begangen zu haben. Wirklich großartig war die Ampere-Liefermenge allerdings wohl auch nicht – denn es wurde ja alles verkauft was in den Lägern lag, dies hätte durchaus auch zu einem mengenmäßigem Anstieg des Grafikkarten-Markts führen können. AMD hingegen ist den Launch seiner RDNA2-Generation angesichts dieser Zahlen mit augenscheinlich weit unzureichender Warenmenge angegangen – man hat noch nicht einmal so viel liefern können, dass es rein zum Halten der vorherigen Marktanteile gereicht hat. Selbst ohne die aktuelle Überkauftheit des Grafikkarten-Markts wäre der AMD-Marktanteil also in ähnlicher Höhe deutlich gesunken, denn AMD hatte im vierten Quartal 2020 gar nicht genügend Ware am Start, um ein anderes Ergebnis zu erzielen. Augenscheinlich hat AMD bei der 7nm-Chipfertigung andere Produkte priorisiert – Spielekonsolen-SoCs sowie Zen-Chiplets.

Damit wird der historische Tiefstand erklärbar, schön sieht die Zahl für AMD (und den Gesamtmarkt) dennoch nicht aus. Nachdem AMD vom letzten Cryptomining-Boom noch deutlich profitieren konnte, geht es nun in genau die umgekehrte Richtung. Wahrscheinlich werden jetzt noch ein paar weitere Quartale folgen, deren Marktanteile komplett von Cryptomining-Boom und Lieferschwierigkeiten verzerrt sind – und später nachfolgend noch vom Kater nach dem Cryptomining-Boom. Gut möglich, dass innerhalb der aktuellen Ampere- und RDNA2-Generationen niemals ein Zeitpunkt erreicht wird, wo man "ehrliche" Marktanteile sieht, welche auf freier Entscheidung der Grafikkarten-Käufer zu sinnvollen Preislagen und durchgehender Marktverfügbarkeit basieren. Nichtsdestotrotz muß AMD zusehen, diese desaströs aussehende Zahl unterhalb von 20% AIB-Marktanteil schnellstmöglich geradezubiegen.

Daneben haben Jon Peddie Research mittels einer zweiten, früheren Meldung auch noch über den Gesamtmarkt von PC-Grafikchips berichtet – welcher neben den Desktop-Grafikkarten die mengenmäßig dominierenden integrierten Grafiklösungen (iGPUs), professionelle Grafiklösungen sowie auch alle in Notebooks verbauten extra Grafiklösungen einschließt. Hierbei gab es einen erstaunlich hohen Stückzahlen-Aufschwung von +20,5% gegenüber dem Vorquartal sowie +29,1% gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Augenscheinlich zeigt sich hierbei aber "nur" der Ausverkauf jeglicher PCs & Notebooks am Weltmarkt unter den Bedingungen von Lockdown, HomeOffice & HomeSchooling – gerade in einem Herbst/Winter-Quartal. Da jene PCs & Notebooks üblicherweise eine integrierte Grafiklösung enthalten, geht all dies in jene Statistik mit ein – was ein nominelles Plus am Grafik-Markt ergibt, welches jedoch extrem deutlich nicht dem Geschehen am eigentlichen Grafikkarten-Markt entspricht.

Jener (alleinige) Aufschwung der iGPUs geht dann bei den Marktanteilen klar zugunsten von Intel aus, da jene immer noch einen Prozessoren-Marktanteil von ca. 80% aufweisen – wenn der Markt an iGPUs massiv zulegt, gewinnt logischerweise der Marktführer am meisten daran. Intel muß hierbei prozentual noch nicht einmal mehr iGPUs ausgeliefert haben, aber da beim insgesamten Marktanteil auch die stagnierenden Desktop-Grafikkarten eingerechnet werden, fallen die Marktanteile von AMD & nVidia in dieser Statistik ganz automatisch. Damit kommt Intel im vierten Quartal mal wieder bei 69% Marktanteil für alle PC-Grafikchips heraus – was allerdings noch nicht einmal den Rekordwert darstellt, in der Vergangenheit erzielte Intel auch schon mal Marktanteile von über 70%. Interessant ist hier eher der klare dritte Platz von nVidia, trotz deren überragenden Stands im Markt der Desktop-Grafikkarten. Doch dies kann inzwischen die (anziehenden) iGPU-Absätze von AMD nicht mehr ausgleichen – womit nVidia mangels eigener Beteiligung am iGPU-Markt wohl dauerhaft auf dem dritten Platz in dieser Statistik angekommen ist.

alle PC-Grafikchips Q4/2019 Q1/2020 Q2/2020 Q3/2020 Q4/2020
AMD 19% 17% 18% 19% 17%
Intel 63% 67% 64% 62% 69%
nVidia 18% 16% 19% 19% 15%
Quelle: Jon Peddie Research

Zu erwähnen wäre noch eine weitere Statistik, welche sich um alle extra PC-Grafikchips dreht – jene für Desktop-Grafikkarten als auch für extra Mobile-Beschleuniger (und wahrscheinlich auch professionelle Beschleuniger, mit allerdings wohl kaum einem Stückzahlen-Einfluß). Hierbei findet fast eine Wiederspiegelung der Ergebnisse der Grafikchips für Desktop-Grafikkarten statt – was allerdings gerade deswegen ein erstaunliches Ergebnis darstellt. Denn dies bedeutet schließlich, dass AMD im Mobile-Segment derzeit einen grob genauso hohen Marktanteil wie im Desktop-Segment hat. Selbst abgerechnet der aktuellen Marktverzerrungen muß auch in der jüngeren Vergangenheit der Mobile-Marktanteil bei AMD niemals gravierend unterhalb des Desktop-Marktanteils gelegen haben. Da in diese Statistik keine iGPUs einfließen, muß AMD somit durchaus beachtbare Mengen an Radeon RX 5000 Mobile-Lösungen verkauft haben. Dies entspricht sicherlich kaum dem Stand des (sichtbaren) Notebook-Markts, womöglich hat AMD hierbei aber auch große Deals mit nicht im freien Handel verfügbaren OEM-Laptops laufen.

diskrete Grafikchips Q4/2019 Q1/2020 Q2/2020 Q3/2020 Q4/2020
AMD 27% 25% 20% 20% 18%
nVidia 73% 75% 80% 80% 82%
Quelle: Jon Peddie Research

Nachtrag vom 9. März 2021

Der Stand des Grafikkarten-Markts gemäß der jüngst gezeigten Marktanteile läßt sich noch etwas plastischer aufzeigen, wenn man das ganze in absoluten Zahlen (und nicht Marktanteilen) aufschlüsselt. Üblicherweise geben Jon Peddie Research zwar keine absolute Zahlen an, in diesem Fall gab es jedoch Aussagen zur Größe des Gesamtmarkts an Desktop-Grafikkarten (9-12 Mio. Stück je nach Quartal) zu lesen, womit sich anhand der genannten relativen Differenzen (zu Vorquartal und Vorjahreszeitraum) die Summe von 10,8-11,0 Mio. verkaufter Desktop-Grafikkarten im vierten Quartal 2020 ermitteln läßt. Die sich daraus ergebende Statistik mit Stückzahlen-Absätzen zeigt viel deutlicher darauf hin, dass nVidia eigentlich ganz vernünftig geliefert hat (leichtes Plus gegenüber dem dritten Quartal, deutliches Plus gegenüber dem ersten Halbjahr), AMD hingegen vollkommen unterdurchschnittlich: Dort gab es mehr als ein Viertel (fast –30%) weniger abgesetzte Grafikkarten als im dritten Quartal.

AiB-Grafikchips Q4/2019 Q1/2020 Q2/2020 Q3/2020 Q4/2020
insgesamt 11,5-11,8 Mio. Stück 9,3-9,5 Mio. Stück 9,9-10,1 Mio. Stück 11,2-11,5 Mio. Stück 10,8-11,0 Mio. Stück
AMD ca. 3,6 Mio. Stück ca. 2,9 Mio. Stück ca. 2,2 Mio. Stück ca. 2,6 Mio. Stück ca. 1,9 Mio. Stück
nVidia ca. 8,0 Mio. Stück ca. 6,5 Mio. Stück ca. 7,8 Mio. Stück ca. 8,7 Mio. Stück ca. 9,0 Mio. Stück
Ausgangsquelle: Jon Peddie Research; Ermittlung der absoluten Zahlen: eigene Umrechnung (Genauigkeit: ±0,1 Mio.)

Da sich wie bekannt derzeit alles an Grafikkarten verkauft, was produziert und angeliefert wird, bedeutet dies schlicht, dass AMD im vierten Quartal 2020 schlicht zu wenige Grafikchips in den Desktop-Markt geschickt hat – entweder zugunsten des Mobile-Markts oder zugunsten der Wafer-Umschichtung auf andere Halbleiter-Produkte (wie Konsolen-SoCs, Ryzen-APUs und Zen-Chiplets) unter TSMCs 7nm-Fertigung. Beide Grafikchip-Entwickler könnten zur aktuellen Marktsituation deutlich mehr verkaufen, aber AMD hatte im vierten Quartal 2020 zuzüglich dessen einfach noch einen klaren Rückgang der Liefermenge zu verkraften. Für nVidia kann es hingegen nach diesen Zahlen als erwiesen angesehen werden, dass man in der Tat gute Liefermengen an Ampere-Grafikkarten aufgeboten hat – zwar keine ausreichenden gemäß des tatsächlichen Marktbedarfs, aber dennoch zumindest keine rückläufigen Zahlen. nVidia hatte den Grafikkarten-Markt somit einfach nur unterschätzt – doch AMD hatte noch nicht einmal genügend selbst für "Normalzeiten" produziert.