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20nm- und 16nm-Fertigung von Grafikchips um einige Monate verschoben

Die 28nm-Fertigung begleitet uns im Grafikchip-Bereich nun seit exakt drei Jahren (eingeführt mit der Radeon HD 7970 Ende 2011) und wird uns durch das Auslassen der 20nm-Fertigung zumindest seitens nVidia noch eine ganze Weile erhalten bleiben. Aufgrund des eher kurzen Intermezzos der 20nm-Fertigung und der Anstrengungen der Auftragsfertiger TSMC, Samsung und GlobalFoundries zur zeitigen Realisierung von deren jeweiliger 14/16nm-Fertigung konnte man bisher jedoch darauf hoffen, daß es wenigstens Ende 2015 dann so weit sein sollte mit einem neuen Fertigungsverfahren im Grafikchip-Bereich. WCCF Tech bringen nun jedoch aus angeblich zuverlässiger Quelle die Kunde, daß sich das 16nm-Fertigungsverfahren von TSMC – bezogen speziell auf Grafikchips – um einige Monate auf das Jahr 2016 verzögern wird. Selbst mit Anfang 2016 sollte man nicht rechnen, vor dem Frühling 2016 wird daher kaum etwas mit Grafikchips in der 16nm-Fertigung von TSMC passieren. Gleichfalls verzögert sich die 20nm-Fertigung von Grafikchips etwas, hier ist nichts vor dem April 2015 zu erwarten – was ebenfalls eine Verzögerung um ein paar Monate ergibt.

Der Grund hierfür soll aber nicht in technischen Problemen bei TSMC liegen, sondern vielmehr im simplen Fakt, daß Apple und Qualcomm bei TSMC so viel an 20nm- und 16nm-Kapazitäten vorsorglich eingekauft haben, daß TSMC einfach keinen Platz hat, um auch noch 20nm- und 16nm-Grafikchips in großer Menge rechtzeitig für einen früheren Launch herzustellen. AMD und nVidia stehen mit ihren Aufträgen bei TSMC also schlicht in der Pipeline und warten auf freiwerdende bzw. neu hinzukommende Kapazitäten – das ist das Problem, wenn man faktisch auf TSMC angewiesen ist und TSMC nicht mit Abwanderung zu einem anderen Auftragsfertiger drohen kann. Wenigstens bedeutet dieser nicht technisch angelegte Grund, daß man nicht zwingend mit weiteren Verzögerungen technischer Natur rechnen muß.

Ein wenig beißt sich diese Meldung allerdings damit, daß die (derzeit noch angeblichen) 20nm-Grafikchips von AMD nicht von TSMC, sondern von GlobalFoundries kommen sollen. Diese können natürlich ebenfalls Fertigungsprobleme haben, allerdings zieht zumindest das Argument der Apple- und Qualcomm-Aufträge bei GlobalFoundries nicht. Da derzeit aber immer noch nicht bestätigt ist, ob AMD überhaupt 20nm-Grafikchips auflegt und von welchem Auftragsfertiger jene dann kommen sollen, muß dieser Einwand letztlich nicht zwingend sein. Wenn wir uns auf obige Story einmal einlassen wollen, dann wäre der weitere Ablauf im Grafikchip-Business laut WCCF Tech ungefähr folgendermaßen zu skizzieren:

  • 22. Januar 2015:  nVidia GeForce GTX 960 (GM206-Chip in 28nm)
     
  • ab Frühling 2015:  nVidia GM200-Chip in 28nm
     
  • ab April 2015:  AMD Radeon R300 Serie in 20nm ("Pirate Islands" oder "Carribean Islands", Programmauffüllungen wohl auf Basis alter 28nm-Chips)
     
  • ab Frühling 2016:  AMD Radeon R400 Serie in 16nm und nVidia Pascal-Architektur in 16nm

Laut WCCF Tech würde nVidia mit dieser späten Verfügbarkeit der 16nm-Fertigung auch auf einen 16nm-Refreh der Maxwell-Architektur verzichten – wobei bislang nirgendwo notiert ist, daß ein solcher jemals geplant gewesen wäre. Normalerweise legt nVidia auch keine Refreshes in neuer Fertigungstechnologie auf, sondern verbindet eigentlich immer eine neue Architekturstufe mit einem neuen Fertigungsverfahren. Maxwell war hierzu ein Beispiel in die umgekehrte Richtung: Kein neues Fertigungsverfahren, dafür aber eine neue Architektur. Nebenbei gesagt stammt hieraus der große Effizienzvorteil der Maxwell-Architektur: Weil nVidia eben kein neues Fertigungsverfahren adaptieren musste, konnte alle Entwicklungsarbeit allein in die Verbesserung der Effizienz gehen.

Über das Jahr 2015 sieht es laut dieser skizzenhaften Roadmap auf den ersten Blick wenig berauschend bei nVidia aus, gibt es weder eine neue Grafikkarten-Serie noch ein neues Fertigungsverfahren. Allerdings wird hierbei der Ausbau der GeForce 900 Serie vergessen, kommen schließlich noch die Mainstream- und Enthusiasten-Varianten hinzu, wird nVidia also im Jahr 2015 wohl eine ganze Reihe neuer Grafikkarten vorstellen und damit ziemlich aktiv sein. Bei AMD wird es hingegen eine Komplettablösung der Radeon R200 Serie durch die R300 Serie mit demzufolge großer Launch-Aktivität seitens AMD geben – wieviele Anteile hierbei neue Chips und wieviele alte Chips belegen, bleibt noch abzuwarten. Abseits dessen, daß noch nicht sicher ist, ob AMD wirklich schon 20nm-Grafikchips an der Hand hat, scheint diese skizzenhafte Roadmap aber doch einigermaßen solide auszusehen, keine wirklich unrealistischen Versprechungen zu enthalten.

Deutlich umgestoßen werden kann diese Roadmap allerdings dennoch durch den Einfluß von GlobalFoundries auf die weitere Entwicklung: Wenn jene ihre 14nm-Fertigung so schnell wie zuletzt prognostiziert fertigstellen können, könnte AMD folgend dann viel früher mit der 14/16nm-Generation herauskommen. Zum ersten Mal in der modernen Grafikchip-Geschichte könnte die Wahl des Auftragsfertigers entscheidend für den Erfolg einer Grafikchip-Generation sein – und da in den letzten Jahren Grafikchips aller Grafikchipentwickler durchgehend nur bei TSMC gefertigt wurden, gab es diese Konkurrenzfeld faktisch noch nie.