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AMD stellt Radeon RX 6800, Radeon RX 6800 XT & Radeon RX 6900 XT offiziell vor

Mittels einer wiederum kurz und knackig gehaltenen Video-Präsentation hat AMD seine ersten RDNA2-basierten Grafikkarten der "Radeon RX 6000" Serie vorgestellt – und damit seine Rückkehr ins HighEnd- wie auch Enthusiasten-Segment begründet. Denn AMDs neue Grafikkarten sollen laut AMDs Vorstellungen durchgehend gegenüber nVidias neuen Ampere-Grafikkarten mithalten können, teilweise sogar vorn liegen. Versüßt wird AMDs neues Grafikkarten-Aufgebot zudem mit (zumeist) größeren Speichermengen, (zumeist) der besseren Preislage sowie (zumeist) dem niedrigeren Stromverbrauch. Basis des ganzen ist der Navi-21-Grafikchip ("Big Navi"), mittels welchem AMD neben dem Hardware-Support von RayTracing vor allem einen erheblichen Sprung bei den Taktraten sowie bei der Energieeffizienz gemacht haben will. Zu letzterem trägt entscheidend der "Infinity Cache" bei (Kudos an RedGamingTech, welches dies schon Mitte September vermeldeten), mittels welchem AMD auf ein größeres und stromfressenderes Speicherinterface als das verbaute 256bittige Interface auf gewöhnlichem GDDR6-Speicher verzichten konnte.

Radeon RX 6800 Radeon RX 6800 XT Radeon RX 6900 XT
Technik 60 Shader-Cluster (3840 FP32-Einheiten & 240 TMUs), 96 ROPs, 256 Bit GDDR6-Interface, 128 MB "Infinity Cache" 72 Shader-Cluster (4608 FP32-Einheiten & 288 TMUs), 128 ROPs, 256 Bit GDDR6-Interface, 128 MB "Infinity Cache" 80 Shader-Cluster (5120 FP32-Einheiten & 320 TMUs), 128 ROPs, 256 Bit GDDR6-Interface, 128 MB "Infinity Cache"
Game Clock 1815 MHz 2015 MHz 2015 MHz
Speicher 16 GB GDDR6 @ 16 Gbps 16 GB GDDR6 @ 16 Gbps 16 GB GDDR6 @ 16 Gbps
Rohleistungen 13,9 TFlops & 512 GB/sec 18,6 TFlops & 512 GB/sec 20,6 TFlops & 512 GB/sec
Stromverbrauch 250W (TBP) 300W (TBP) 300W (TBP)
Kartengröße 267mm, 2 Slots 267mm, 2½ Slots 267mm, 2½ Slots
Stromstecker 2x8pol. 2x8pol. 2x8pol.
Listenpreis $579 $649 $999
Release 18. November 2020 18. November 2020 8. Dezember 2020
"Game Clock" = durchschnittlicher Boost-Takt (zumeist eher defensiv angesetzt) ... Stromverbrauch: Total Board Power (TBP) = Verbrauch des kompletten Grafikboards ... Datenquellen: AMDs Video-Präsentation sowie die offiziellen Produkt-Webseiten zu Radeon RX 6800, Radeon RX 6800 XT und Radeon RX 6900 XT

Der Navi-21-Chip wird von AMD dann für drei Grafikkarten benutzt – Radeon RX 6800, Radeon RX 6800 XT und Radeon RX 6900 XT. Jene werden direkt gegenüber den bekannten Ampere-Karten GeForce RTX 3070, 3080 und 3090 (in dieser Reihenfolge und Zuordnung) stehen, wobei AMD die Radeon RX 6800 allerdings vorerst nur gegenüber nVidias (zur GeForce RTX 3070 gleich schnellen) GeForce RTX 2080 Ti verglichen hat. Zu beachten ist zudem zu den von AMD angestellen Benchmarks, dass hierbei auf einer Zen-3-Basis mit dem nur dort (in Verbindung mit RDNA2) zur Verfügung stehenden Feature "Smart Access Memory" gemessen wurde. Das Feature steht für eine bessere Anbindung des Grafikkartenspeichers an den Prozessor und bringt in ausgewählten AMD-Benchmarks immerhin einen Performanceboost von 5-6%. Auf einer Intel-Plattform (sowie auch bei älteren Zen-Prozessoren) wird dieses Feature dann aber naturgemäß nicht zur Verfügung stehen, was sich sicherlich auch in den kommenden unabhängigen Benchmarks zeigen wird – sowie generelle Diskussionen über Plattform-beschränkte Performance-Features auslösen dürfte.

Das kleinste Duell bilden Radeon RX 6800 gegen GeForce RTX 3070, wobei AMD in diesem Zweikampf gemäß den AMD-eigenen Benchmarks die klare Performance-Führerschaft erlangen will. Beim Stromverbrauch hat AMD zwar mit 250 vs. 220 Watt einen kleinen Nachteil, aber dies dürfte auf dieser Höhe kaum eine wirkliche Rolle spielen. Vor allem aber bietet AMD in diesem Vergleich gleich die doppelte Speichermenge auf – was zusammen mit dem prophezeiten Performance-Vorsprung wohl auch der Grund dafür sein dürfte, dass in diesem Fall die AMD-Lösung sogar leicht teurer als die nVidia-Lösung angesetzt wird: 579 Dollar will AMD für die Radeon RX 6800 sehen, gegenüber den 499 Dollar für die GeForce RTX 3070. Mehrperformance und vor allem den doppelten Speicher einrechnend dürfte da das Pendel doch viel eher zur AMD-Karte ausschlagen, sofern AMD sein Performance-Versprechen erfüllen kann. Eine (augenscheinlich leider abgesagte) 16-GB-Ausführung der GeForce RTX 3070 würde schließlich auch mindestens 579 Dollar kosten, die 8 GB Mehrspeicher kosten halt auch ihren Teil.

Radeon RX 6800 GeForce RTX 3070
WQHD-Performance lt. AMD * AMD durchgehend vorn, Differenz ca. 10-15%
4K-Performance lt. AMD * AMD zumeist vorn, Differenz ca. 5-10%
Speicherausbau 16 GB 8 GB
Stromverbrauch 250W (TBP) 220W (GCP)
Listenpreis $579 $499
* Performance-Vergleich zur (nahezu identisch schnellen) GeForce RTX 2080 Ti
* Performance-Vergleich unter Verwendung von AMDs "Smart Access Memory" Features auf Zen-3-Prozessoren

Das mittlere und sicherlich interessanteste Duell findet zwischen Radeon RX 6800 XT und GeForce RTX 3080 als den beiden nominellen Speerspitzen des (regulären) Angebots statt. Hierbei schreibt sich AMD eine grob gleiche und in der Tendenz speziell unter der WQHD-Auflösung leicht bessere Performance zu, was in diesem Fall sogar mit einem leichten Stromverbrauchs-Vorteil zugunsten von AMD (300 vs. 320 Watt) erreicht werden soll. Hinzu gibt es wieder den gravierenden Vorteil bei der Speichermenge – und auch wenn dies hier keine Verdopplung darstellt, sprechen 16 GB vs. 10 GB doch klar zugunsten des AMD-Angebots. Preislich legt sich AMD dann glatt 50 Dollar unterhalb des nVidia-Preises – und scheint damit alle Argumente für sich zu haben: Performance, Stromverbrauch, Speichermenge und Preis sind allesamt gleich oder leicht besser als beim nVidia-Angebot. Natürlich muß sich auch in diesem Fall die durch AMD prophezeite Performance noch durch unabhängige Benchmarks bestätigen – gerade, da AMD der Radeon RX 6800 XT nunmehr klar mehr Performance zuschreibt als noch beim RDNA2-Teaser zur Zen-3-Vorstellung (wo AMD Benchmarks der Radeon RX 6800 XT zeigte, wie nunmehr bestätigt wurde).

Radeon RX 6800 XT GeForce RTX 3080
WQHD-Performance lt. AMD * grob gleich, leichte Tendenz pro AMD
4K-Performance lt. AMD * grob gleich
Speicherausbau 16 GB 10 GB
Stromverbrauch 300W (TBP) 320W (GCP)
Listenpreis $649 $699
* Verwendung von AMDs "Smart Access Memory" wird in diesem Fall nicht notiert

Wie nVidia mit der GeForce RTX 3090, legt auch AMD mit der Radeon RX 6900 XT dann noch ein eher "unvernünftiges" Produkt oben drauf, bei welchem die Hardware maximal zugunsten einer eher geringfügigen Mehrperformance ausgereizt wird, dafür dann allerdings auch ein satter Mehrpreis fällig ist. Im Performance-Vergleich zwischen Radeon RX 6900 XT und GeForce RTX 3090 spricht sich AMD grob dieselbe Performance mit leichter Tendenz zur eigenen Grafikkarte zu – erreicht allerdings unter weiterer Hinzunahme des "Rage"-Modus, einer Art automatischer Übertaktungsfunktion. Dies ist natürlich nicht regulär und im Endeffekt sagen die AMD-Benchmarks somit indirekt aus, dass die Radeon RX 6900 XT auf Werkseinstellung nicht ganz die Performance der GeForce RTX 3090 erzielt. Dafür spricht auch der zur Radeon RX 6800 XT identische Stromverbrauch von 300 Watt – was sich zwar gegenüber der GeForce RTX 3090 (350W) gut macht, jedoch genauso andeutet, dass zwischen Radeon RX 6800 XT und 6900 XT weniger Mehrperformance liegt als zwischen GeForce RTX 3080 und 3090.

Bei der Speichermenge hat AMD in diesem Duell erstmals das Nachsehen (16 vs. 24 GB), allerdings ist die von AMD gebotene Speichermenge für die vorhandene Aufgabenstellung sicherlich mehr als ausreichend bzw. ist nVidias höhere Speicherbestückung eher dem benutzten Speicherinterface geschuldet, bringt aber derzeit und in absehbarer Zukunft wohl keinen Vorteil gegenüber AMDs Speicherbestückung von "nur" 16 GB. Möglicherweise wegen dieses Punktes und wohl auch, weil man es nicht ganz so wie nVidia übertreiben wollte, hat AMD den Preispunkt der Radeon RX 6900 XT dann auf 999 Dollar festgesetzt. Selbiger Preispunkt läßt sich von zwei Seiten betrachten: Gegenüber der GeForce RTX 3090 auf 1499 Dollar ist dies rasant günstiger, sofern AMD in diesem Duell bei wenigstens einer halbwegs gleichen Performance herauskommt. Gegenüber der eigenen Radeon RX 6800 XT auf 649 Dollar sind es allerdings gleich +54% Preisaufschlag für sicherlich bestenfalls 10% Mehrperformance – wie gesagt eine eher unvernünftige Lösung.

Radeon RX 6900 XT GeForce RTX 3090
4K-Performance lt. AMD * grob gleich, leichte Tendenz pro AMD (verfälscht durch "Rage"-Mode)
Speicherausbau 16 GB 24 GB
Stromverbrauch 300W (TBP) 350W (GCP)
Listenpreis $999 $1499
* Performance-Vergleich unter Verwendung des "Rage"-Modus, einer Art automatischer Übertaktung
* Performance-Vergleich unter Verwendung von AMDs "Smart Access Memory" Features auf Zen-3-Prozessoren

In der Summe der Dinge hat AMD nach der bereits äußerst gelungenen Zen-3-Vorstellung nunmehr auch im Grafikkarten-Bereich ähnliches hingelegt – wobei hier aufgrund der langjährigen Stärke nVidias überhaupt nur ein Angebot auf Augenhöhe schon eine große Herausforderung darstellt. Dies war vorab nicht zwingend von "Big Navi" zu erwarten, man wäre letztlich schon mit einer guten Konkurrenz zur GeForce RTX 3080 zufrieden gewesen. So aber meldet sich AMD eindrucksvoll im Markt der HighEnd- und Enthusiasten-Grafikkarten zurück und setzt dabei den Platzhirsch nVidia teilweise richtig unter Druck. Sicherlich müssen sich AMDs Performance-Zahlen noch unter unabhängigen Tests erweisen und der Effekt des "Smart Access Memory" Features ist da eine große Unbekannte – aber allein über die gebotenen Speichermengen wird AMD immer einen Stein im Brett haben. Sehr gut anzunehmen, dass AMD diese Eigenschaft nachfolgend auch ins Midrange-Segment transportieren kann, der kleinere Navi-22-Chip ist mit seinem 192-Bit-Interface sehr gut prädestiniert für Speichermengen von gleich 12 GB. Die Grafikkarten-Käufer scheinen somit endlich mal wieder auf breiter Front echte Wahlmöglichkeiten zu bekommen – was letztlich selbst zum Vorteil der nVidia-Käufer sein dürfte.

Nachtrag vom 28. Oktober 2020

Die abendliche AMD-Vorstellung von Radeon RX 6800, 6800 XT & 6900 XT hat zu breit positiven bis teilweise euphorischen Reaktionen geführt: Generell ist man zumeist überrascht, bis auf welches Performance-Level AMD hinaufgehen will und freut sich auf den nunmehr wieder in Gang kommenden Wettbewerb im HighEnd- und Enthusiasten-Segment. Dennoch gibt es noch Klär- wie Kritikpunkte: In die erste Kategorie fällt die Performance unter RayTracing sowie das nur dezent angedeutete (weil später erscheinende) DLSS-Äquivalent "SuperResolution". In die zweite Kategorie fallen die Details zu den AMD-eigenen Benchmarks zu Radeon RX 6800, 6800 XT & 6900 XT, welche teilweise zusammen mit "Smart Access Memory" und teilweise sogar unter Verwendung des "Rage"-Modus erstellt wurden. Beides stellt nicht nur eine gewisse Ergebnis-Verfälschung dar, sondern ist auch eine ziemlich unseriöse Herangehensweise, wenn man jedes Benchmark-Set unter jeweils anderen Bedingungen aufstellt:

Smart Access Memory Rage-Mode
AMD-Benchmarks der Radeon RX 6800 aktiv nicht aktiv
AMD-Benchmarks der Radeon RX 6800 XT nicht aktiv nicht aktiv
AMD-Benchmarks der Radeon RX 6900 XT aktiv aktiv
Feature-Erklärung bessere Anbindung des Grafikkartenspeichers an den Prozessor, nur verfügbar in Kombination Zen 3, 500er Mainboard und RDNA2-Grafikkarte automatische Übertaktungs-Funktion, vermutlich auch unter Anhebung der TDP
einzelner Performance-Effekt lt. AMD ausgewählte Spiele üblicherweise 5-6%, in der Spitze 11%, Durchschnitt 6,6% nicht exakt spezifiziert
gesamter Performance-Effekt lt. AMD ausgewählte Spiele üblicherweise 4-8%, in der Spitze 13%, Durchschnitt 6,4%

AMD hat hiermit ergo wenig dafür getan, dass man sich vorab bezüglich der Performance der kommenden RDNA2-Beschleuniger bereits halbwegs sicher sein könnte: Zusammenrechnend diese Problematik der gewissen Benchmark-Verfälschung der AMD-eigenen Benchmarks sowie eines erwartbar geringfügigen AMD-Bias bei üblicherweise allen Hersteller-erstellten Benchmarks hat nVidia weiterhin seine Chance, in den kommenden unabhängigen Benchmarks vernünftig bis teilweise sogar gutklassig herauszukommen. Allein bei der Radeon RX 6800 scheint der von AMD prophezeite Performance-Abstand zur GeForce RTX 2080 Ti groß genug zu sein, auf dass selbst nach Herausrechnung dieser Faktoren immer noch die (zur RTX2080Ti gleich schnelle) GeForce RTX 3070 geschlagen werden sollte. Bei allen anderen Vergleichen bleibt es wirklich die unabhängigen Benchmarks abzuwarten, welche für Radeon RX 6800 & 6800 XT am 18. November sowie für die Radeon RX 6900 XT am 8. Dezember anstehen.

Daneben ist generell die Frage aufzuwerfen, ob AMDs "Smart Access Memory" nicht einen Schritt in die falsche Richtung darstellt. Die exakte Wirkungsweise des Features ist zwar noch etwas unklar, aber in jedem Fall soll hierbei das Zusammenspiel von Zen-3-Prozessor, 500er Mainboard und RDNA2-Grafikkarte ausgenutzt werden – sprich es handelt sich um ein Feature, welches allein nur bei 100%iger AMD-Technik funktioniert. Käme so etwas von Intel oder nVidia, wäre da sicherlich der Teufel los – bei AMD geht dies nun in aller Euphorie unter, gibt aber dennoch den Beweis dafür ab, dass die Marktkonstruktion eines Anbieters von PC-Prozessoren und PC-Grafikkarten zusammen aus Wettbewerbs- und Fairness-Sicht eben doch suboptimal ist. Insbesondere ermöglicht AMD nunmehr nachfolgend Intel & nVidia, ohne Hemmungen vergleichbare Entwicklungen anzustossen – welche man mit dem genüßlichen Verweis auf dieses AMD-Feature rechtfertigen kann. Es ist wenig erbaulich, dass AMD, sobald man mal eine Sekunde am wirklichen Erfolg schnuppert, gleich die (schlechten) Methoden der bisherigen Platzhirsche kopiert.