17

Basieren die Rebrandings der Grafikchip-Entwickler auf OEM-Zwängen?

Die Meldung über AMDs Radeon HD 8000 Serie als reinrassige Rebranding-Aktion rief einige Kritik an der Meldung selber hervor, einige Leser sahen AMD als zu hart angegangen an. Gleichfalls kam aber auch der Hinweis, daß die Grafikchip-Entwickler (auch nVidia hat vor kurzem diverse Rebrandings vorgestellt) in solchen Fragen in erster Linie von den Bedürfnissen der großen Gerätehersteller getrieben werden und daher nicht alleinschuldig an solchen Rebranding-Aktionen sind. Dazu wurde vor allem auf einen Text seitens AnandTech zur Untermauerung dieser These verwiesen, welchen wir nachfolgend zitieren wollen:

As we discussed yesterday with AMD’s latest round of GPU rebadges, both AMD and NVIDIA are locked into playing the OEM rebadge game in order to fulfill their OEM partner’s calendar driven schedules. OEMs want to do yearly updates (regardless of where the technical product cycle really is), so when the calendar doesn’t line up with the technology this is achieved through rebadges of existing products. In turn these OEMs put pressure on component suppliers to rebadge too, so that when consumers compare the specs of this year’s “new” model to last year’s model the former look newer. The end result is that both AMD and NVIDIA need to play this game or find themselves locked out of the OEM market.

Jene Worte von AnandTech sehen erst einmal recht eindeutig aus: Es existiert wohl ein klarer Druck seitens der Gerätehersteller (OEMs), zum Jahresanfang etwas neu klingendes herauszubringen – ganz egal wie die eigentlichen Produktzyklen der Chipentwickler aussehen. Besser wäre natürlich noch eine unabhängige bzw. Industrie-nahe Bestätigung, schließlich ist dies am Ende trotzdem erst einmal nur ein Text seitens AnandTech. Nichtsdestotrotz kann man darauf aufbauend diese These erst einmal weiterverfolgen.

Allerdings bieten sich hier gleich zwei große "Aber" an: Erstens einmal sieht es nicht so aus, als würden andere Chipentwickler zu ähnlichen Spielchen getrieben – weder von den Prozessoren-, den Mainboard-Herstellern als auch anderen Herstellern sind regelmäßige Rebranding-Aktionen bekannt, nur um am Jahresanfang "neue" Produkte präsentieren zu können. Möglich, daß dies eine Spezialität des Grafikchip-Marktes ist – dann aber darf die Frage gestellt werden, wieso sich andere Märkte dieser "Pflicht" entledigen können und die Grafikchip-Entwickler jedoch nicht.

Dies führt umgehend weiter zum zweiten, sogar gewichtigeren Einwand: Die im Text von AnandTech gezogene Schlußfolgerung, daß AMD und nVidia jenes "Spiel" mitspielen müssten, um nicht den OEM-Markt zu verlieren, kann bei genauer Betrachtung nicht stimmen – denn die OEMs haben schließlich keine Alternativen zu AMD und nVidia. Es gibt für den PC keine anderen Grafikchip-Entwickler mehr, AMD und nVidia können sich also nur gegenseitig das Leben schwer machen, müssen jedoch niemals befürchten, durch eine dritte Partei ersetzt zu werden.

Und gerade dieser Punkt macht jede Rebranding-Aktion – egal des Drucks der Gerätehersteller – um so unverständlicher. AMD und nVidia bräuchten sich nur darauf einigen, schlicht keine Rebrandings mehr aufzulegen, schon wäre das ganze Spuk vorbei und auch der Druck der Gerätehersteller könnte AMD und nVidia nichts mehr anhaben. Eine solche Vereinbarung könnte inoffiziell geschlossen werden – aber auch eine offizielle Vereinbarung wäre wohl sicherlich kein Problem, handelt es sich hierbei ganz sicher nicht um eine Wettbewerbsverzerrung, wenn zwei Marktteilnehmer beschließen, auf solcherart Mittel der reinen Kundentäuschung zu verzichten. Wenn AMD und nVidia wirklich wollten, könnte man wohl ohne echte Geschäftseinbußen das Mittel des Rebrandings begraben.

Denn abschließend muß dies dann doch noch einmal betont werden: Koscher ist dies eben nicht, was AMD und nVidia mit ihren Rebranding-Aktionen da tun. Wären beide Grafikchip-Entwickler in Deutschlands angesiedelt, wäre eine solche Rebranding-Aktion ein regelrechtes Fest für die Verbraucherschützer, welche diese Unsitte den Grafikchip-Entwicklern (mit fliegenden Fahnen) gerichtlich austreiben würden. Man stelle sich vor, was los wäre, wenn VW ein älteres Golf-Modell nun plötzlich unter der (Aktualität suggerierenden) Bezeichnung "Golf VIIa" neu auflegen würde ...